Das Desaster in der österreichischen Staatskasse weitet sich aus - wie berichtet, droht aufgrund höherer Neuverschuldung der Länder heuer ein noch größeres Defizit als die geplanten 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP).
Genaue Daten dürfte Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) nach wie vor nur unzureichend am Tisch haben. Mehr Transparenz durch einen "besseren Datenaustausch der Gebietskörperschaften" sowie ein "gemeinsames Verständnis der Zahlen" haben Marterbauer und VP-Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl denn auch als zentralen Punkt auf der Tagesordnung für die Verhandlungen zum neuen Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden am 28. November.
Dieser Pakt legt die Verteilung der Schulden zwischen Bund, Ländern und Gemeinden fest.
Fakt ist: Trotz des massiven Sparpakets der Regierung verschuldet sich der Staat weiter. Und zwar nicht gering. Der öffentliche Schuldenstand lag per Ende des zweiten Quartals 2025 laut Statistik Austria bei stolzen 412,3 Milliarden Euro. Das sind 17,5 Milliarden mehr als zu Jahresende 2024.
Pro Kopf bedeutet das (per Ende Juli 2025) einen Schuldenstand von 44.809 Euro. Der Staat brummt also jeder in Österreich lebenden Person knapp 50.000 Euro Schulden auf. Gegenüber dem Ende des Vorjahrs, also binnen eines halben Jahres, sind das 1.884 Euro mehr.
Noch aktuellere Daten per Ende Oktober 2025 veröffentlicht die Statistik Austria erst am 30. Dezember. Nachdem der Staat weiterhin mehr ausgibt, als er einnimmt, geht der Anstieg der Schulden aber weiter.
Direkt gerade stehen müssen die Bürger freilich nicht für die Staatsschulden. Indirekt allerdings schon - über die Steuern und allenfalls zusätzliche Sparmaßnahmen.
Nimmt der Staat nicht genug ein für seine Ausgaben (was deutlich der Fall ist), muss er sich, salopp formuliert, Geld ausleihen, indem er Staatsanleihen verkauft. Dafür sind Zinsen zu bezahlen. Diese Zinszahlungen erfolgen aus dem Staatshaushalt, also mit Steuergeld.
Derzeit muss die Republik Österreich übrigens jährlich knapp 8,5 Milliarden Euro Zinsen zahlen...
Die Staatsschuldenquote beträgt in Österreich 82,3 Prozent des BIP. Ein Alarmzeichen für die Wirtschaftsforscher - denn die EU erlaubt eigentlich nur eine Quote von 60 Prozent. Allein wenn man diese Quote nur stabilisieren wollte - also verhindern, dass sie weiter ansteigt - bräuchte es laut Fiskalratschef Christoph Badelt ein Budgetdefizit unter 2,7 Prozent. Davon sind wir mit 4,5 Prozent oder wahrscheinlich rund 4,7 Prozent sehr weit entfernt.
Beim Budgetdefizit, das Österreich an die EU melden muss, handelt es sich um das gesamtstaatliche Minus. Die Schulden umfassen den gesamten öffentlichen Bereich aus Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen.
Die Verschuldung der Länder ist in den vergangenen Jahren extrem angestiegen. Laut Berechnungen des ThinkTanks Agenda Austria ist die Gesamtverschuldung der Bundesländer von 28 Milliarden Euro im Jahr 2019 auf satte 47 Milliarden Euro heuer angestiegen.
Der Löwenanteil entfällt dabei auf Wien mit aktuell fast 16 Milliarden Euro Schulden. Dabei muss aber erwähnt werden, dass Wien sowohl Gemeinde als Land ist und die meisten Einwohner hat. Der Schuldenanstieg im Vergleich zu 2019 beträgt in der Bundeshauptstadt 120 Prozent.
Alarmierend ist auch die Pro-Kopf-Verschuldung in den Ländern. Diese ist mit 7.831 Euro in Wien am höchsten und seit 2029 um 106 Prozent angestiegen. Knapp dahinter folgt Kärnten mit 7.767 Euro Schulden pro Kopf. Den stärksten prozentuellen Schuldenanstieg verzeichnet Tirol mit einem Plus von 344 Prozent seit 2029, wenngleich von vergleichsweise sehr niedrigem Niveau.
Die Stimmung zwischen Bund und Ländern ist angespannt vor dem Verhandlungstermin am kommenden Freitag. Der Bund will die Länder stärker an die Spar-Kandare nehmen. Die Länder wollen sich den Schwarzen Peter nicht zuschieben lassen und werden nicht müde zu betonen, dass die Haupt-Schuldenlast der Bund zu verantworten habe.
Vielmehr fordern die Länder sogar mehr Mittel vom Bund, da sie in den letzten Jahren immer mehr kostenintensive Ausgaben übernommen hätten - etwa in Gesundheitsversorgung, Pflege und Kinderbetreuung.
Die chronisch unterfinanzierten Gemeinden drängen zudem auf zusätzliche Einnahmequellen, etwa aus einer Erhöhung der Grundsteuer, die seit 40 Jahren nicht angepasst wurde. Kärntens Finanzlandesrätin Gabriele Schaunig (SPÖ) befürwortet das.
Finanzstaatssekretärin Eibinger-Miedl erteilte dem indes am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz eine Absage. Sie wolle nicht über neue Belastungen sprechen, bevor nicht alle Potenziale auf der Ausgabenseite ausgeschöpft seien. Es sei daher "der falsche Zeitpunkt, um über neue Belastungen zu sprechen".
Auch die VP-Landeshauptleute Thomas Stelzer (OÖ) und Karoline Edtstadler (Salzburg) sprachen sich bereits gegen eine Grundsteuer-Erhöhung aus.