Es war ein ungewöhnlicher Ort für eine Pressekonferenz: der Turnsaal der Sportvolksschule Mondweg in Wien-Penzing. Die Journalisten saßen auf Turnbänken. Am Podium: Sportsstaatssekretärin Michaela Schmidt (SPÖ), ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick und Michaela Huber, Vizepräsidentin der Sportunion. Einer fehlte erkrankt: Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos).
Der Anlass der Pressekonferenz: der weitere Ausbau der "Täglichen Bewegungseinheit" (TBE) an den Schulen und Kindergärten. Wie dringend notwendig der ist, hat in der vergangenen Woche eine Studie gezeigt: Erstmals gibt es mehr übergewichtige als untergewichtige Kinder auf der Welt.
Aktuell profitieren rund 400.000 Kinder von regelmäßigen Bewegungseinheiten mit über 3.000 speziell ausgebildeten Bewegungscoaches – das entspricht einem Ausrollungsgrad von 15 Prozent. Die empfohlene tägliche Mindestaktivitätszeit von 60 Minuten wird unter Jugendlichen nur von 15% der Mädchen und 29% der Burschen im Alter von 11 bis 17 Jahren erreicht. Bewegungsmangel ist damit ein wesentliches Problem junger Menschen.
Heuer erhöhen sich die Mittel für das Projekt um mehr als eineinhalb Millionen Euro. Insgesamt betragen die Kosten nun 19,5 Millionen Euro pro Jahr. Die trägt fast zur Gänze das Sportministerium. Knapp eine Million Euro für das Projekt steuern vier Bundesländer bei.
Ein neuer Schwerpunkt liegt in der Einbindung der Fachverbände. Sie bringen ihre Expertise in die Schulen ein, stellen Trainerinnen und Trainer zur Verfügung und eröffnen Kindern damit auch den direkten Weg in den Sportverein. Bekanntes Ziel der Regierung ist, dass zwei von drei Kindern in einem Sportverein aktiv sind.
Der neue Botschafter Ralf Rangnick hat selbst ein Lehramtsstudium für Sport absolviert. Seine Aufgabe wird es sein, Bildungseinrichtungen, Stakeholder und die Öffentlichkeit noch stärker für die Initiative zu gewinnen.
„Die tägliche Bewegungseinheit ist für mich ein Herzensprojekt.“Michaela SchmidtSportstaatssekretärin, SPÖ
"Die tägliche Bewegungseinheit ist für mich ein Herzensprojekt. Wir wissen alle: Kinder, die sich regelmäßig bewegen, sind gesünder und konzentrierter. Ich bin stolz darauf, dass wir trotz der schwierigen Budgetlage einen weiteren Ausbau in Angriff nehmen – Schritt für Schritt", sagte Staatssekretärin Schmidt bei der Präsentation des Ausbaus. Eines ist für sie klar: "Bewegte Kinder sind gesunde Kinder und gesunde Kinder sind glückliche Kinder."
"Gemeinsamer Sport fördert nicht nur Fitness, sondern auch mentale Stärke, soziale Fähigkeiten und schulischen Erfolg. Trotzdem wurde Bewegung lange unterschätzt, dabei sollte sie genauso wichtig sein wie Mathematik oder Englisch. Die tägliche Bewegungseinheit ist nicht Luxus, sondern Pflicht", betonte der ÖFB-Teamchef. Deshalb unterstütze er als Botschafter aus voller Überzeugung die Ausweitung der täglichen Bewegungseinheit.
Der Sportpädagoge ließ aber auch mit einem Appell aufhorchen: "Mir geht es darum, was mit der gesamten Gesellschaft passiert. Der große Unterschied zu meiner Kindheit: Damals gab es keine Handys, kein Internet. Handys haben aber enormes Suchtpotenzial. Daher: Stellt Regeln auf für die Nutzung der Handys, maximal eine Stunde pro Tag."
"Denn unsere Kinder, meine Enkelkinder kommen nicht mit dem Stempel auf die Welt: Handysüchtig, adipös und faul", so Rangnick weiter. "Wir müssen die Kinder schützen, indem es Regeln gibt für den Umgang mit Handys und sie nicht auf die falsche Fährte gelockt werden."
Und noch eine Forderung stellte der oberste Fußball-Lehrer Österreichs auf: "Das Thema Ernährung ist ein ganz wichtiger Punkt und müsste eigentlich auch ein Schulfach sein. Die Schüler und am besten auch die Eltern müssten mindestens ein bis zwei Stunden pro Woche mit dem Thema konfrontiert sein."