Seit über 38 Jahren können sich Kinder und Jugendliche unter der Nummer 147 bei Rat auf Draht Hilfe holen. Besonders im Jahr 2025 sei dieses Angebot wichtig, da die Zahl der Anrufe steige. Blickt man auf Ereignisse wie den Amoklauf in Graz oder die erschreckenden Zahlen der Arbeitslosigkeit, ist das nicht verwunderlich.
Der 10. Juni wird vielen Österreichern wohl noch lange im Gedächtnis bleiben. Auch für die Mitarbeitenden des Rat auf Draht-Notrufs war die Zeit nach dem Amoklauf in Graz intensiv, die Anrufe trudelten nur so ein. Die Beratungen stiegen im Zeitraum vom 10. bis 22. Juni 2025 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um über 15 Prozent auf 1.824 Gespräche an. In vielen dieser Gespräche war der Amoklauf Thema. "Die Anrufer:innen holten sich Ratschläge, wie sie am besten mit ihrer Angst umgehen können und hatten große Sorge, dass so etwas auch an ihrer Schule passieren könnte", weiß Birgit Satke, Leiterin des Beratungsteams von Rat auf Draht.
Auch der Umgang mit der Flut an Informationen und den Bildern, die auf Social Media verbreitet wurden, sowie mit Fake News war laut ihr häufig Thema.
Auch in vielen anderen Bereichen konnten starke Zuwächse verzeichnet werden. "Besonders deutlich zeigte sich, dass die größten Zuwächse aus Kategorien stammen, in denen psychische Belastungen, Ängste und Leidensdruck besonders hoch sind", erklärt Birgit Satke. Sehr auffällig waren die Anstiege bei Zwangsstörungen (+47,7 Prozent), Aggression und Wut (+32,5 Prozent) sowie Einsamkeit (+28,2 Prozent). Auch Themen wie Drogen- und Medikamentenmissbrauch, Cybermobbing und Angst beschäftigen viele Jugendliche. Einen besonders starken Anstieg konnte Rat auf Draht außerdem bei Zukunftsthemen feststellen: Immer mehr Kinder und Jugendliche machen sich Sorgen um die Lehrstellen- oder Arbeitssuche (+64,7 Prozent) und die Wohnungssuche (+34,2 Prozent).
Verglichen mit dem Zeitraum vor der Pandemie (Jänner bis Juni 2019) hat sich die Gesprächsdauer im ersten Halbjahr 2025 um 47,8 Prozent erhöht. "Die Themen, die Kinder und Jugendliche beschäftigen, sind ernster und komplexer geworden. Deshalb braucht es mehr denn je schnelle, niederschwellige und unkomplizierte Unterstützung", betont Satke.
Rat auf Draht bietet mittlerweile neben der klassischen Telefonberatung auch eine Chatberatung sowie eine Peerberatung an, bei der Jugendliche zu Beratenden für Gleichaltrige ausgebildet werden. Außerdem betreut Rat auf Draht die Hotline für vermisste Kinder sowie die Schulpsychologie-Hotline. Um dieses Angebot aufrechterhalten und weiter ausbauen zu können, ist die Organisation auf Spenden angewiesen. Weniger bekannt als die Telefonnummer 147 ist, dass Rat auf Draht im Schnitt zu über 50 Prozent durch Spenden finanziert wird.
Der Rat auf Draht Notruftag wurde hierfür ins Leben gerufen und findet heuer am 14. Juli bereits zum zweiten Mal statt. Er bietet die Möglichkeit, die Arbeit von Rat auf Draht mit einer Spende zu unterstützen. Die ersten 16.000 Euro werden von den Unternehmenspartnern Allianz Vorsorgekasse, der GrECo Gruppe, Libro und Soluto verdoppelt. Darüber hinaus haben sich mit Kabarettist Michael Niavarani, dem Fußballclub WSG Tirol und zahlreichen Influencern weitere Unterstützende gefunden. Um dauerhaft ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig die Notrufminuten von Rat auf Draht oft sein können, wurde der Notruftag heuer in eine große Kampagne der Rat auf Draht-Dachorganisation SOS-Kinderdorf eingebunden.