Mehrwertsteuer auf Lebensmittel runter? Diese Diskussion hat Wifo-Chef Gabriel Felbermayr am Sonntag neu entfacht. Die Reaktion von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) ließ nicht lange auf sich warten: "Nicht leistbar!"
Dem widersprach sein Parteichef, Vizekanzler Andreas Babler, noch am selben Tag. Er ist sehr wohl für eine Halbierung der Mehrwertsteuer. Dies könne aber nur mit entsprechender Gegenfinanzierung funktionieren. Welche ihm da vorschwebt, ließ er offen – überzeugte aber offenbar seinen Finanzminister.
Aber wie sieht die Ausgangslage aus? Von August 2021 bis August 2025 ist die allgemeine Inflationsrate um 25,1 Prozent gestiegen. Die Teuerung bei Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken erhöhte sich im selben Zeitraum aber um 32,4 Prozent. Das zeigt: Nahrungsmittel sind einer der Hauptpreistreiber.
Am Dienstag hat sich das gewerkschaftsnahe Momentum Institut zum Thema Nummer eins zu Wort gemeldet. Und lässt mit einer Berechnung aufhorchen. Demnach würde eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von zehn Prozent auf null Prozent einen Einkauf im Wert von 100 Euro um neun Euro günstiger machen.
Übt die Bundesregierung zusätzlich Druck auf die Markenartikelkonzerne aus, den "Österreich-Aufschlag" zur Hälfte abzuschaffen, erspart man sich bei einem solchen 100-Euro-Einkauf weitere fünf Euro. Und deckelt Österreich zudem überhöhte Profitmargen nach dem Vorbild von Rumänien, lässt sich ein weiterer Euro einsparen. Damit könnte die Supermarkt-Rechnung für alle Supermarkt-Kunden also um 15 Euro niedriger ausfallen.
Eine weitere Maßnahme könne zukünftige Lebensmittel-Preisanstiege für Menschen mit wenig Einkommen begrenzen: nämlich gedeckelte Fixpreise für ausgewählte Grundnahrungsmittel. Kroatien hat solche Preisdeckel für gleich 40 Produkte. Je ein Produkt eines Grundnahrungsmittels – etwa Brot, Milch oder Eier – muss unter einem festgelegten Höchstpreis zum Verkauf stehen.
Hätte die Bundesregierung das vor einem Jahr eingeführt, würden sich preisbewusste Konsumenten heute weitere drei Euro pro 100 Euro Einkauf sparen, rechnet das Momentum Institut vor.
"Der Besserverdiener greift bei einem Preisdeckel weiter zum teuren Feta-Oliven-Weckerl. Für das sollen Supermärkte auch weiter verlangen dürfen, was sie möchten. Aber ein Maximalpreis für ein halbes Kilo Mischbrot würde armen Haushalten helfen, die Teuerung finanziell besser zu überstehen", sagt Barbara Schuster, stellvertretende Chefökonomin des Instituts. Dann könnten sich diese darauf verlassen, dass die Preise für gedeckelte Produkte nächste Woche die gleichen sind wie vergangene Woche.
In der Regierung geht der Dissens über derartige Maßnahmen einstweilen munter weiter. Während sich sowohl Finanzminister Marterbauer als auch seine Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) Preiseingriffe durchaus vorstellen können, blieb Außenministerin und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger heute vor dem Ministerrat dabei: Sie spricht sich gegen solche Eingriffe aus. Denn es stelle sich die Frage, ob preisgesenkte Produkte nicht nach wenigen Wochen wieder das selbe kosten würden wie vor der Reduktion. Zudem gebe es keine Auswirkungen auf die Inflation, weil man zwecks Gegenfinanzierung andere Steuern erhöhen müsste.