Dreifache Mutter

"Arbeitslos mit 42" – AMS bietet Tischler-Lehre an

Katarina W. hat viele Nachtdienste gemacht. Als sie arbeitslos wird, bietet das AMS der dreifachen Mutter einen "sanften Einstieg" als Tischlerin an.
Aram Ghadimi
11.11.2025, 05:15
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"Vor und nach der Geburt meiner drei Kinder habe ich in verschiedenen Jobs gearbeitet. Doch die letzten Jahre als Alleinerzieherin waren besonders hart. Ich musste einfach Geld verdienen", erzählt Katarina W. gegenüber "Heute".

Um die Jahrtausendwende, mit Anfang 20, hatte W. als Au-Pair begonnen. Es war nicht absehbar, wohin sie das Leben ein Vierteljahrhundert später führen wird. 2023 steht W. mit 42 Jahren plötzlich ohne Job da. Das AMS will der dreifachen Mutter einen "sanften Einstieg" anbieten – als Tischlerin.

"Ich habe keinen handwerklichen Beruf erlernt", sagt W., deren Leben sich zwei Jahrzehnte lang hauptsächlich um ihre Familie gedreht hat. "Auch in meinem Job ging es viel um Care-Arbeit, denn ich war über viele Jahre persönliche Assistentin für Menschen mit Behinderung."

Jahrelang Nachtdienste

W. atmet lange aus: "Als Assistentin habe ich unzählige Nachtdienste gemacht. Ab 2019 zusätzlich als Alleinerzieherin, mit drei Kindern zu Hause. Irgendwie habe ich es noch vier Jahre durchgedrückt. Ende 2023 hat dann aber meine Gesundheit nicht mehr mitgespielt."

Kürzlich gab das Land Niederösterreich bekannt, dass wieder mehr ältere Menschen ihre Jobs verloren haben, viele davon auch aus gesundheitlichen Gründen. In der Gruppe ab 50 betrug der Anstieg der Arbeitslosigkeit zuletzt 5,7 Prozent. Doch für Jüngere wird es im Moment nicht besser: Insgesamt sind in Niederösterreich derzeit über 54.000 Personen am AMS gemeldet.

Jeder Dritte hat gesundheitliche Probleme

Katarina W. ist noch keine 50. Dennoch bekam auch sie die angespannte Lage am Arbeitsmarkt zu spüren. In der Generation 50 Plus kämpft schon ein Drittel der gemeldeten Personen mit gesundheitlichen Problemen: "Dieser Trend wird nicht abreißen. Im Gegenteil, durch die gestiegene Lebenserwartung und die längere Arbeitszeit, steigt die Anzahl an Menschen, die mit solchen Herausforderungen zu kämpfen haben", heißt es diesbezüglich vom AMS.

"Aktuell befinden wir uns in einer Phase des Nullwachstums", erklärt Sandra Kern, Chefin des AMS-NÖ gegenüber "Heute" und teilt auch ihre Einschätzung für 2026 mit: "Wir rechnen mit einem weiteren Anstieg von etwa 4 Prozent bei der allgemeinen Arbeitslosigkeit",  da gelte es jetzt dagegen zu halten: "Für die Betroffenen ist das oft ein langer Kampf um Beschäftigung."

"Die Allermeisten wollen arbeiten"

"Wir müssen uns auch als Gesellschaft diesen Problemen stellen", sagt Kern dazu: "Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist gestiegen. Insbesondere im Alter erhöht sich aber für alle das Risiko gesundheitlicher Einschränkungen, wie auch der Fall von Katarina W. zeigt." Dann stellt die AMS-Chefin klar: "Die allermeisten Menschen, die gerade ohne Job durchkommen müssen, wollen arbeiten. Dort, wo es Sinn macht bieten wir auch eine handwerkliche Weiterbildung an."

"Ich bin im Jahr 2000 aus der Slowakei nach Österreich gekommen, als Kindermädchen. Dann habe ich hier meinen Ehemann kennengelernt und in Perchtoldsdorf eine neue Heimat gefunden", erzählt Katarina W. Die 44-Jährige ist am Land groß geworden: "Meine beiden Großväter und auch mein Vater übten handwerkliche Tätigkeiten aus. Ich kann einen Akkuschrauber bedienen, aber ein Handwerk erlernen? Dieser Traum hatte lange keinen Platz in meinem Leben."

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Als Frau gefragte Fachkraft

"Im Gespräch mit meiner AMS-Beraterin wurde ich auf FiT-Programm aufmerksam", erzählt Katarina W. dann. Die Abkürzung steht für Frauen in Handwerk und Technik. "Ich konnte mir nicht vorstellen ohne Job zu bleiben." In der Beratung erfährt die Niederösterreicherin, dass sie eine Facharbeiterausbildung anfangen kann. Sie beschließt sich das Vorbereitungsmodul dazu im Aus- und Weiterbildungszentrum bfi in Wr. Neustadt anzusehen.

"Dort konnte ich mir verschiedene Berufsfelder ansehen", sagt W. und lacht: "Ich bin ein Landmädchen. Ich wollte schon immer ein Handwerk erlernen. Jetzt mache ich es auch." Seit vergangenem Februar ist Katarina W. in der Facharbeiterausbildung. Acht Module hat sie bereits abgeschlossen, kommenden Juni wird sie fertig sein.

Neues Fachkräfte-Modell

Das AMS forcierte zuletzt seine Bemühungen, mehr Fachkräfte auszubilden. So etablierte man zuletzt ein Modell für den gesicherten Einstieg. Dazu gehören geförderte Arbeitsplätze in Partnerunternehmen, aber auch, wie es vom AMS heißt, die "Hinaufqualifizierung von Arbeitssuchenden".

"Alleine dieses Jahr haben wir bereits 39,6 Mio. Euro dafür in die Hand genommen", sagt AMS-Chefin Kern dazu: "Das neue Modell hilft Menschen durch nachhaltigere Weiterqualifizierung. Denn, Arbeitssuchende haben hier mehrere Wochen Zeit, um sich zu informieren, verschiedene Dinge auszuprobieren, um sich dann für etwas zu entscheiden. In der Praxis zeigt sich, dass das sinnvoll ist."

"Bisher haben in Niederösterreich etwa 600 Personen dieses Angebot genutzt", sagt Kern und fügt an: "Mehr als die Hälfte aller Personen ist bei der Ausbildung geblieben, die sie gewählt haben." Für das AMS sei es gar nicht so leicht, "die richtige Ausbildung, für die richtige Person und dann noch den richtigen Betrieb zu finden." Dennoch, laut AMS-Zahlen, fassen im Schnitt zwei Drittel der Teilnehmenden von AMS-Bildungsangeboten drei Monate nach Schulungsende im Erwerbsleben Fuß.

Zurück in Perchtoldsdorf: Katarina W. ist kurz angebunden. Die 44-Jährige hat einen straffen Alltag und jeden Tag viel zu tun. Die Hälfte ihrer Ausbildung hat sie bereits hinter sich: "Mit 45 werde ich ausgebildete Tischlerin sein. Das hätte ich früher selbst nicht gedacht."

{title && {title} } agh, {title && {title} } Akt. 11.11.2025, 14:05, 11.11.2025, 05:15
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