Es sind turbulente Zeiten für das Budget. Prognosen, die nicht eingehalten wurden, ein ausuferndes Defizit, ein drohendes EU-Verfahren deswegen. Keine leichte Ausgangsposition für den neuen Finanzminister Markus Marterbauer.
Die Experten der wirtschaftsliberalen Agenda Austria haben sich angesehen, wo man – abseits des bekannten Sparkpakets – noch nachhaltig einsparen könnte. Im "Heute"-Gespräch erläutern die Ökonomen Dénes Kucsera und Hanno Lorenz diese Ideen.
Das aktuelle Sparprogramm sei viel zu wenig ambitioniert, das habe auch der Fiskalrat kritisiert. Das Defizit werde trotzdem bei mehr als vier Prozent des BIP liegen, also bei weit über 20 Milliarden Euro. "Österreich hat ein Ausgabenproblem", halten beide Ökonomen fest.
So seien die Staatsausgaben seit 2006 mit Ausnahme der Jahre 2018 und 2019 regelmäßig über den Einnahmen gelegen. Dementsprechend stark sind die Staatsschulden angestiegen. Mittlerweile ist jeder Bürger in jedem Bundesland mit mehr als 40.000 Euro pro Kopf verschuldet, sagt Kucsera. Eine Neuverschuldung sei gerade in Zeiten steigender Zinsen extra gefährlich.
Wo also ansetzen? Als einen Punkt nennt die Agenda die Aufkündigung des Gehaltsabschlusses für die Beamten. Die hatte zuletzt auch Wifo-Chef Gabriel Felbermayr gefordert. So brächte eine Nulllohnrunde im Jahr 2026 rund zwei Milliarden Euro für das klamme Budget.
Ein zweiter Schritt betrifft Einsparungen und Effizienzsteigerungen in den Ministerien. Die Regierung habe zwar bei den Sachkosten ein Sparpaket von 1,1 Milliarden Euro versprochen. Dabei sind die Personalkosten ein viel größerer Posten. Mit Maßnahmen in diesem Bereich sowie einer Effizienzsteigerung seien heuer sogar 2,3 Milliarden und 2026 bereits 5,5 Milliarden Euro an Einsparungen für möglich.
Einsparungen im Personalbereich hält Lorenz für möglich: "Einerseits durch die Nichtnachbesetzungen von Pensionierungen. Andererseits müsste die angekündigte Deregulierung auch weniger Rechtsakte und damit weniger benötigte Mitarbeiter bringen." Und es gelte, die Digitalisierung für Effizienzsteigerungen zu nutzen.
Einen weiteren großen Bereich stellen laut Ansicht der Agenda Austria die Subventionen der öffentlichen Hand dar. Es müsse jede einzelne Förderung evaluiert werden, daneben brauche es neue Förderrichtlinien und eine Einschränkung der Förderwürdigkeit. "Und man muss den Doppelförderungen von Bund und Ländern den Kampf ansagen", so Kucsera.
Einen Riesenbrocken macht der Pensionsbereich aus. Bereits jeder vierte Budget-Euro fließt dorthin. Aktuell betragen die Zuschüsse zu den Renten 32,4 Milliarden Euro. Geht die Entwicklung so weiter, seien es 2029 bereits 37,2 Milliarden, rechnet die Agenda vor. Die von der Regierung angekündigte Korridorpension sei zwar ein richtiger Schritt, gehe aber zu wenig weit. Denn mit dieser Maßnahme würde erst im Jahr 2029 eine Milliarde Euro eingespart werden. "Viel zu wenig, um dem Kostendruck entgegenzuwirken", sagt Lorenz.
Daher sei eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters um ein Jahr notwendig. Eine solche ließe 2,5 Milliarden Euro in die Staatskasse fließen.
Insgesamt gelte es, jetzt Reformen auf den Weg zu bringen. "Sonst erleben wir in fünf Jahren eine große Überraschung." Und wie groß ist die Chance, dass das auch tatsächlich passiert? "Die Regierung traut sich nicht, echte Maßnahmen zu setzen", so Lorenz. Als Beispiel führt er die Klimabonus-Abschaffung an. Als Kompensation sei der Pendlereuro verdreifacht worden, die Budgetwirksamkeit der Maßnahme damit wieder verwässert worden.
Dabei wäre jetzt eine gute Möglichkeit, weil es bis 2027 keine großen Wahlen gibt. "Mein Eindruck ist aber nicht riesig, dass die Lust zum Sparen besonders groß ist." Der Druck auf die Regierung werde aber steigen, sind sich Kucsera und Lorenz sicher. Und sie halten fest: "Wenn Sparprogramm, dann durchziehen!"