AMS-Vorstand Johannes Kopf schlägt im Interview mit dem "Kurier" Alarm: "Betriebe schicken uns ihr Personal für wenige Wochen und stellen sie dann wieder ein. Das passiert im besten Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Betrieb. Da sagen manche ganz offen, im Dezember übernehmen wir keine Aufträge, weil wir keine Leute haben."
Der Chef des Arbeitsmarktservice ortet vor allem bei kurzzeitiger Arbeitslosigkeit Reformbedarf – und rechnet mit einem weiteren Anstieg im Winter.
"Es gibt Anzeichen der Besserung, allerdings auf einem bescheidenen Niveau. Über die Wintermonate dürfte die Arbeitslosigkeit eher noch weiter leicht steigen. Die Prognosen für 2026 sagen nur ein Wachstum von rund 1 Prozent voraus, das ist sehr wenig", sagt der 52-Jährige im "Kurier".
Während Bau, Tourismus und Handel sich stabilisieren, sieht er in der Industrie weiter keine Erholung. Besonders die geopolitischen Unsicherheiten wie der Ukraine-Krieg oder mögliche Zölle durch Trump belasten den Markt.
Ab Jänner greift zudem eine umstrittene Maßnahme: Arbeitslose dürfen – mit Ausnahmen – keinen Zuverdienst mehr haben. "Schätzungsweise 10.000 bis 12.000 werden ihren Zuverdienst aufgeben müssen. Wir haben ungefähr 25.000 Arbeitslose, die geringfügig beschäftigt sind, von denen ist ein Viertel über 50 Jahre alt", stellt Kopf im "Kurier" klar. Das Ziel: raschere Rückkehr in vollversicherte Beschäftigung.
AMS-Chef Kopf erwartet sich davon auch einen "einmaligen Legalisierungseffekt", besonders in einem Bereich: "Denn besonders in der Gastronomie arbeiten manche Menschen in Wirklichkeit mehr als geringfügig, da wird die geringfügige Beschäftigung quasi zum Deckmantel für darüber hinausgehende Schwarzarbeit benutzt."
Doch die Maßnahme sorgt für Kritik: Kulturschaffende, Start-up-Gründer, Schneeräumer oder Projekte mit Haftentlassenen sehen sich benachteiligt. Kopf gesteht im "Kurier" ein: "Die geringfügig Beschäftigten sind eine heterogene Gruppe, viele benötigen das Geld zur Überbrückung. Aber es gibt eben auch negative Effekte. Generell sollten wir über geringfügige Beschäftigung näher nachdenken. So gibt es in Österreich quasi keine Jobs mit 600 oder 700 Euro Gehalt, weil sie dann voll sozialversicherungspflichtig sind. Das sind negative Effekte."
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Kontrolliert wird das Ganze über Sozialversicherungsanmeldungen und verstärkte Kontrollen gemeinsam mit der Finanzpolizei. Es habe bereits Sperren des Arbeitslosengeldes und Strafen gegeben – viele Firmen hätten Betroffene danach voll angestellt.
Was das Budget betrifft, bleibt es vorerst stabil. Für 2026 stehen 1,51 Milliarden Euro zur Verfügung – inklusive 150 Millionen Euro für die neue Weiterbildungsbeihilfe. Kopf warnt aber: "Allerdings droht für 2027 ein Sparbudget. Wichtig wäre, dass es 2026 schon relativ früh eine politische Einigung gibt, weil wir lange Vorverträge haben. Je später wir bremsen, desto heftiger wird es."
Eine positive Bilanz zieht er beim AMS-Jugendcollege: "Von den 5.000 im Vorjahr geschulten jungen Menschen sind 25 Prozent in Beschäftigung und 45 Prozent in einer weiteren oft überbetrieblichen Ausbildung. Für 70 Prozent war das College erfolgreich, das sind sehr gute Zahlen und wir haben jetzt schon mit dem neuen Jahrgang gestartet."