Österreichs Pensionssystem ist auf Dauer so nicht finanzierbar: Wir werden immer älter, gleichzeitig kommen weniger Junge in den Arbeitsmarkt nach. Die Regierung hat sich eine Reform der Pensionen auf die Fahnen geschrieben – ohne Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters (65 Jahre), aber mit neuen Modellen, welche die Menschen länger in Beschäftigung halten und so dafür sorgen sollen, dass wir faktisch später in Pension gehen.
Im Interview mit "Heute" erklärt SP-Sozial- und Arbeitsministerin Korinna Schumann, wie es funktionieren soll, dass wir alle länger arbeiten.
Das neue Modell der Teilpension soll ab Jänner 2026 kommen – für alle, die ihren persönlich frühestmöglichen Pensionsantritt erreicht haben, aber noch nicht ganz aufhören wollen. Die Ministerin erklärt: "Ich kann dann sagen, ich schaffe die volle Arbeitszeit nicht mehr – aber ein paar Tage könnte ich noch gut arbeiten und das würde mir auch Freude machen. Dann kann ich dieses Teilpensionsmodell wählen."
Die neue Teilpension soll für alle Pensionsarten offen sein – von der Schwerarbeiterpension bis Langzeitversicherten-Regelung. Je nach Arbeitsleistung, für die man sich entscheidet, wird die Pension anteilig ausbezahlt (25, 50 oder 75Prozent). Den anderen Teil erhält man als normales Gehalt vom Arbeitgeber und zahlt damit auch weiter aufs Pensionskonto ein.
Diese Möglichkeit endet nicht mit dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter, stellt Schumann klar – auch mit 65 kann man die Teilpension noch in Anspruch nehmen. Drei Jahre lang erhöht sich die spätere Pension durch dieses Weiterarbeiten nach derzeitiger Regelung noch.
Die Ministerin rechnet damit, dass im kommenden Jahr rund 10.000 Personen das Angebot der Teilpension nutzen werden.
"Wir verhandeln aber noch ein weiteres großes Paket zum Arbeiten im Alter, nach dem Erreichen des gesetzlichen Antrittsalters – das wird dann alles gesamthaft zu sehen sein", betont Schumann. Bei diesem nächsten Vorhaben geht es um die geplante Flat-Tax fürs Arbeiten über das gesetzliche Pensionsalter hinaus: Es soll da pauschal 25% Abgaben auf Zuverdienste geben – ein vereinfachtes System für alle, die länger arbeiten wollen, so dass es sich auch finanziell lohnt.
Ein zentrales Problem bleibt: Viele Unternehmen stellen ältere Bewerberinnen und Bewerber nicht mehr ein. Schumann: "Das ist eine große Frage, ja. Ich kann nur immer wieder werbend sagen: Die Unternehmen mögen den Schatz der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heben und sie in Beschäftigung halten oder wieder in Beschäftigung bringen."
„"Ältere zu teuer? Das ist, glaube ich, jetzt ein bisschen die Ausrede, um schon vorzubauen, dass man ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer doch nicht so gern einstellt.“Korinna SchumannArbeits- und Sozialministerin (SPÖ)
Das Argument, Ältere seien "zu teuer", lässt Schumann nicht gelten: "Das ist, glaube ich, jetzt ein bisschen die Ausrede, um schon vorzubauen, dass man ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer doch nicht so gern einstellt."
"Über diese Hürde müssen wir drüber", betont die Ministerin. "Wir brauchen Fachkräfte, wir können das Potenzial der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht liegen lassen. Wir dürfen nicht nur über Belastungen reden – die Älteren bringen ja einen großen Erfahrungsschatz ein, haben großes Wissen, das sie an jüngere Kollegen weitergeben können."
Was sie von einem Bonus-Malus-System für Unternehmen hinsichtlich der Beschäftigung Älterer hält, wie es Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) vorgeschlagen hat? Schumann: "Das wäre eine Variante – die ist aber nicht im Regierungsprogramm vereinbart und damit jetzt nicht umzusetzen."
Was sie eigentlich selbst für eine Pension zu erwarten habe? "Ich habe eine normale Beamtinnenpension", erklärt Schumann – "und keine private Zusatzvorsorge fürs Alter".
„Es bringt nichts, das gesetzliche Alter anzuheben, wenn wir die entsprechenden Arbeitsplätze nicht anbieten können. Dann verschieben sich die Leistungen nur in andere Systeme.“Korinna SchumannArbeits- und Sozialministerin (SPÖ)
Unser staatliches Pensionssystem sei sicher, sagt die Ministerin: "Das haben wir auch aus Mittel- und Langzeitprognosen." Ab 2026 muss sie jedenfalls jährlich einen Bericht zur Kostenentwicklung der Pensionen vorlegen, das hat die Regierung mit dem sogenannten Nachhaltigkeitsmechanismus beschlossen. Bis Ende 2029 werde beobachtet, wie sich die Kosten entwickeln, ob der geplante Pfad eingehalten wird – erst danach sollen bei Bedarf Maßnahmen gesetzt werden – die etwa eine neuerliche Verschiebung der Korridorpension oder auch ein Anheben des gesetzlichen Pensionsantrittsalters sein können. Schumann: "Ich persönlich gehe aber davon aus, dass wir den Kostenpfad einhalten."
Aber kommen wir auf Dauer überhaupt darum herum, das gesetzliche Antrittsalter anzuheben? Arbeiten bis 70, wie es die Industrie fordert? Schumann: "Diese Frage stellt sich jetzt nicht. Sondern uns muss es darum gehen, wie wir es schaffen, dass die Menschen wirklich bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter arbeiten. Es bringt ja auch gar nichts, das gesetzliche Alter anzuheben, wenn wir die entsprechenden Arbeitsplätze nicht anbieten können. Dann verschieben sich die Leistungen nur in andere Systeme."
„Man soll sich bitte das Pensionskonto anschauen – weil da ist genau zu sehen, welche Leistungen man zu erwarten hat.“Korinna SchumannArbeits- und Sozialministerin (SPÖ)
Die Ministerin appelliert an die Bevölkerung: "Es ist wichtig, sich zum Thema Pension gut zu informieren." Das gelte vor allem für Jüngere, die heute aus verschiedenen Gründen nur Teilzeit arbeiten: "Ich sage: Man soll sich bitte das Pensionskonto anschauen – weil da ist genau zu sehen, welche Leistungen man zu erwarten hat." Die Zugriffe auf das Online-Pensionskonto seien in letzter Zeit stark gestiegen. "Ein gutes Zeichen, dass die Menschen sich damit beschäftigen", sagt Schumann.
Reformiert wird im übrigen auch die beliebte Altersteilzeit. Statt fünf Jahren wird sie künftig schrittweise auf drei Jahre verkürzt. "Wir haben nicht mit einem Schlag die Reduktion von fünf Jahren auf drei", erklärt die Ministerin. Die Neuerung sei sinnvoll, denn ohnehin an der gängigen Praxis orientiert: "Bei den Frauen ist die Zeit, die genommen wird, im Durchschnitt 3,4 Jahre, bei den Männern kürzer." Ziel sei es, Altersteilzeit und Teilpension künftig "gemeinsam zu denken", so Schumann. Die Altersteilzeit wird man bis zum Anspruch auf eine Teilpension in Anspruch nehmen können.