Berater packt in "Heute" aus

"AMS-Kunden werfen mit Stühlen und Tischen herum"

Ein AMS-Berater spricht im "Heute"-Interview über Dauerkranke, irre Ausreden und Gewalt am Arbeitsplatzen: "Berater wurden schon verprügelt!"
André Wilding
22.08.2025, 19:11
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Er arbeitet beim Arbeitsmarktservice an vorderster Front und gibt jetzt in "Heute" einen Einblick in die Welt der AMS-Bezieher. Im exklusiven Gespräch mit "Heute" spricht ein AMS-Berater offen über seine Erfahrungen mit Jobsuchenden und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. "Nicht alle wollen auch wirklich arbeiten", stellt er gleich zu Beginn klar. Viele würden stattdessen alles dafür tun, "um eben keinen Job zu bekommen".

"Einstiegsgehalt von bis zu 4.000 Euro"

Im "Heute"-Interview berichtet der Insider zudem von schier "unglaublichen Tricks", mit denen manche AMS-Kunden versuchen, sich vor dem Arbeitsleben zu drücken. Dazu gehören etwa Dauerkrankenstände, fantasievolle Ausreden und gezielte Falschangaben bei Bewerbungen sowie kurzfristige Absagen von Terminen.

Besonders kurios: Manche Klienten hätten gleich nach ihrem Pflichtschulabschluss Gehaltsvorstellungen wie in der Chefetage. "Da wird ohne jede Ausbildung ein Einstiegsgehalt von bis zu 4.000 Euro verlangt", schildert der AMS-Berater. Auch Gewalt sei im Berufsalltag ein Thema:

"Manche werden schnell aggressiv"

"Manche werden schnell aggressiv, wenn’s ums Geld geht", erzählt der Mitarbeiter zu "Heute". "Ich habe von Kollegen mitbekommen, dass viele Kunden bereits aggressiv wurden. Ich habe auch schon gehört, dass Berater zusammengeschlagen wurden oder auch, dass mit Stühlen oder Tischen geworfen wird. Das ist schon vorgekommen", stellt der AMS-Insider klar.

Viele Kunden würden zudem nicht gut oder gar kein Wort Deutsch können – und seien daher nur sehr schwer zu vermitteln. "Deswegen ist es auch unsere Aufgabe, dass wir ihnen die Sprache beibringen. Wir vermitteln sie dann eben in einen Deutschkurs. Doch es gibt eben auch viele Kunden, die wissen, wenn sie die Sprache können, dann müssen sie arbeiten."

Im Video: "Unglaubliche Tricks" – AMS-Berater packt jetzt aus

Die Folge: "Manche AMS-Bezieher wehren sich dann gegen einen solchen Kurs und wollen nicht Deutsch lernen. Sie melden sich dann einfach krank oder gehen einfach nicht zum Deutschkurs. Die werden dann einfach abgemeldet und kommen dann später wieder und melden sich neu an."

Alarmknopf beim AMS

Doch hat der AMS-Insider überhaupt das Gefühl, dass die Leute, die er betreut, auch wirklich arbeiten möchten? "Es gibt natürlich Personen, denen ist das unangenehm, dass sie arbeitslos sind. Viele kommen gleich direkt von der Schule zu uns und sind noch recht motiviert. Aber es gibt natürlich auch viele, die länger arbeitslos sind, wo man einfach merkt, dass die nicht wollen." Für diese Personen sei es dann wirklich schwierig, einen Arbeitgeber zu finden.

Arbeitslosigkeit in Österreich
Die Arbeitslosigkeit liegt Ende Juli weiterhin um rund +15.000 (+5,5% auf 289.968) über dem Wert von 2024. Die Register-Arbeitslosenquote beträgt 6,7% (+0,3%-punkte gegenüber Juli 2024). Die Beschäftigung wächst gegenüber dem Vorjahr aber wieder leicht (geschätzt +16.000 Beschäftigungsverhältnisse).

Die Arbeitslosigkeit von Frauen erhöht sich im Juli mit +6,8%, während bei den Männern ein Anstieg von +4,3% zu verzeichnen ist.

Die Jugendarbeitslosigkeit erhöht sich Ende Juli 2025 erstmals seit Monaten unterdurchschnittlich (+3,7%). Die Zahl der beim AMS gemeldeten sofort verfügbaren Lehrstellensuchenden steigt jedoch deutlich (+7,3% oder +685).

Die Arbeitslosigkeit von Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft steigt um +5,3% an, während die Arbeitslosigkeit von Inländer:innen sich mit +5,5% erhöht.

Da die Zahl der Arbeitssuchenden schon über viele Monate ansteigend ist, wächst auch die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen mit Status Arbeitslos und mindestens ein Jahr AMS Vormerkung auf rund 90.500 (+8.100 oder +9,8%).

Man würde der betreffenden Person dann zwar "Vermittlungsvorschläge geben", "aber ob die dann auch wirklich so durchgeführt werden, wie wir es gerne hätten, wissen wir nicht. Es gibt Unternehmen, die melden uns dann das, dass sich bestimmte Personen nicht beworben haben, aber das ist eine handvoll."

Angesprochen darauf, ob es beim AMS Security-Personal gibt und wann Sicherheitsmitarbeiter gerufen werden, antwortete der Insider: "Es gibt bei uns Security, doch einige AMS-Stellen haben keine, oder nur zum Teil. Bei uns ist aber immer eine Security anwesend. Und wir haben auch einen Alarmknopf. Wenn ein Kunde aggressiv wird oder Ähnliches, dann können wir diesen betätigen – und dann kommen alle!"

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"Dann rufen wir die Polizei"

Der Alarmknopf sei aber in erster Linie aber einmal "zur Abschreckung" da. Sollte ein AMS-Kunde wirklich vor Ort aggressiv werden und sein Verhalten nicht einstellen, dann werde zuerst versucht, die jeweilige Person zu beruhigen und aus dem Gebäude zu entfernen. "Wenn das nicht möglich ist, dann wird auch die Polizei verständigt. Das ist schon mehrmals vorgekommen", so der AMS-Berater zu "Heute".

"Es kann auch passieren, wenn ein Kunde zum Beispiel zu nahe zum Berater hingeht, sich nicht hinsetzen möchte oder sich ein Berater unwohl fühlt, dann kann man den Alarmknopf auch betätigen", erzählt der AMS-Insider weiter. Am schwersten seien jene Personen zu vermitteln, die eine hohe Qualifikation – etwa den Abschluss eines Studiums – haben. "Die wollen dann natürlich nur in einem ganz bestimmten Bereich arbeiten", so der Berater.

"Möchte nicht bei Fast-Food-Restaurant arbeiten"

Und weiter: "Ich kann jetzt keinen, der IT-Techniker ist, an die Kassa in einem Supermarkt setzen. Also ab einem gewissen Zeitpunkt müssen wir das auch machen, aber ich verstehe es von der Person her, wenn derjenige dann sagt: 'Hey, ich habe studiert und ich habe ein gutes Portfolio, aber ich möchte jetzt nicht bei einem Fast-Food-Restaurant arbeiten.'"

Im Gespräch mit "Heute" verrät der AMS-Bezieher außerdem noch, wie ein typischer Prozess für Neu-Kunden abläuft, welche Nationalitäten er betreut, und was passiert, wenn jemand keinen Kurs besuchen möchte oder sich nicht um Arbeit bemüht.

{title && {title} } wil, {title && {title} } 22.08.2025, 19:11
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