Vorstoß in Brüssel

Hohe Lebensmittelpreise: So macht Minister jetzt Druck

VP-Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer verbündet sich mit 7 weiteren EU-Staaten, um den Österreich-Preisaufschlag wegzubringen. Was die Allianz plant.
Angela Sellner
29.09.2025, 15:16
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Österreich startet gemeinsam mit sieben weiteren EU-Staaten eine Offensive gegen überhöhte Preise durch ungerechtfertigte Liefer-Beschränkungen, also den sogenannten "Österreich-Aufschlag". Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) hat in den letzten Wochen intensiv daran gearbeitet, eine Allianz gegen diese Preisaufschläge zu schmieden – nun steht das Bündnis und wird aktiv. Neben Österreich sind Belgien, Tschechien, Luxemburg, Niederlande, Kroatien, Griechenland und Slowenien dabei.

Allianz aus acht Ländern

Im Rahmen des EU-Wettbewerbsrats der Wirtschaftsminister am Montag in Brüssel haben sich die Vertreter der Allianz getroffen und ein gemeinsames Positionspapier unterzeichnet, mit dem sie die EU-Kommission zu raschem Handeln auffordern. Minister Hattmannsdorfer sollte das Papier am Abend auch dem EU-Kommissar Stéphane Séjourné persönlich übergeben.

Konkret geht es um das Problem der sogenannten territorialen Lieferbeschränkungen. Dabei untersagen große Markenartikelhersteller Händlern und Supermärkten, Waren dort einzukaufen, wo sie am günstigsten wären. Stattdessen müssen sie im eigenen Land oft zu höheren Konditionen einkaufen. Folge: künstlich getrennte Märkte, weniger Wettbewerb – und deutlich höhere Preise für die Konsumenten. Besonders kleinere Staaten wie Österreich oder Slowenien leiden darunter, weil ihre Händler weniger Verhandlungsmacht haben.

Die Dimension ist enorm: Laut EU-Kommission kosten diese Praktiken die Bürger jedes Jahr über 14 Milliarden Euro. In Zeiten hoher Inflation verstärkt das den Druck auf Haushalte zusätzlich. "Der Binnenmarkt funktioniert nicht, wenn große Konzerne ihn für ihre Gewinne in Stücke teilen dürfen", warnen die acht Länder.

Auch Hattmannsdorfers niederländischer Amtskollege Vincent Karremans ist bei der Allianz dabei.
BMWET/Holey
„Die Europäische Union muss hier schnell handeln, um Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich rasch zu entlasten. Preise könnten im Schnitt um acht Prozent sinken.“
Wolfgang HattmannsdorferWirtschaftsminister (ÖVP)

Durch Wegfall des Österreich-Aufschlags könnten die Lebensmittelpreise bei uns im Schnitt um acht Prozent sinken, erklärt Hattmannsdorfer unter Berufung auf Berechnungen der Bundeswettbewerbsbehörde. "Für mich ist damit klar, die Europäische Union muss hier schnell handeln, um Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich rasch zu entlasten. Deshalb habe ich den 'Österreich-Aufschlag' in den EU-Gremien auf die Tagesordnung gesetzt", so der Minister weiter.

Forderungen an EU

Die auf Initiative Österreichs geschmiedete Allianz richtet ihre Kritik konkret gegen Brüssel: Zwar untersucht die EU-Kommission das Problem, konkrete Maßnahmen sollen aber erst Ende 2026 vorgelegt werden. Für die Staaten ist das "viel zu spät". Sie verlangen ein früheres Eingreifen, ein Register mit gemeldeten Fällen, schnellere Verfahren und eine klare gesetzliche Regelung, die territoriale Lieferbeschränkungen ausdrücklich verbietet. "Gemeinsam mit unseren Allianzpartnern fordern wir die Kommission auf, rasch zu handeln", so Hattmannsdorfer.

"Es braucht eine gemeinsame Taskforce der nationalen und europäischen Wettbewerbsbehörden, um ungerechtfertigte Lieferbeschränkungen rascher zu identifizieren und zu unterbinden", erklärt Hattmannsdorfer.

Unsere Händler kaufen 60 % teurer ein

Auch nationale Vorschriften, die Konzerne missbrauchen, um Märkte abzuschotten, sollen überprüft werden.

Der Handelsverband begrüßt die Initiative des Wirtschaftsministers, mithilfe einer europäischen Allianz gegen den Österreich-Aufschlag vorzugehen. "Österreichische Händler müssen zurzeit je nach Markenprodukt um bis zu 60 Prozent höhere Beschaffungspreise bezahlen als deutsche Händler. Dieser Österreich-Preisaufschlag ist ein Körberlgeld der multinationalen Markenartikelindustrie. Es ist höchste Zeit, diese Form der Wettbewerbsbehinderung zu verbieten", so Handelsverbands-Chef Rainer Will.

Druck machen wollen Hattmannsdorfer und die Allianz auch, dass die EU-Kommission verstärkt mit Strafen gegen Binnenmarkt-Verstöße vorgeht, wie das bereits vereinzelt passiert. Der Nahrungsmittelmulti Mondelez (Milka-Hersteller) wurde beispielsweise im Mai 2024 zu einem Bußgeld von 337,5 Mio. Euro wegen der Behinderung des grenzüberschreitenden Handels verurteilt. Anheuser-Busch InBev, die größte Brauereigruppe der Welt, wurde bereits 2019 mit 200 Mio. Euro Bußgeld bestraft. Gegen Procter & Gamble (P&G) laufen zurzeit Ermittlungen der EU-Wettbewerbskommission wegen des Verdachts auf unzulässige Marktabschottung.

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