Bedrohliche Wirtschaftsflaute

Experten schlagen Alarm: "Regierung muss jetzt handeln"

Die Wirtschaft springt nicht an, das Budgetloch wird größer. Kommt die Konjunktur nicht in die Gänge, fürchten Ökonomen bald Steuererhöhungen.
Angela Sellner
25.08.2025, 06:00
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Die heimische Wirtschaft erholt sich nicht, das Budget droht trotz Milliarden-Sparpakets weiter aus dem Ruder zu laufen. Stimmen mehren sich, dass die Regierung nach knapp einem halben Jahr im Amt dringend mehr Maßnahmen ergreifen müsse, damit das Land wieder auf Kurs kommt.

Jüngster Anlassfall: Die Rating-Agentur Moody‘s hat Österreich herabgestuft. Die Bewertungen (Ratings) internationaler Agenturen sind Ausdruck des Vertrauens in die Finanzkraft eines Landes. Werden die Noten schlechter, drohen höhere Zinsen für die Staatsschulden.

Negativer Ausblick

Moody‘s gibt uns zwar immer noch die gute Note Aa1, hat aber am Wochenende den Ausblick für Österreich von "stabil" auf "negativ" gesenkt. Das teilte Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) auf der Social-Media-Plattform Bluesky mit.

Im Vergleich zur letzten Bewertung im Februar sieht Moody‘s schlechtere Aussichten für Österreich; das Sparpaket könnte nicht reichen – die Finanzpolitik wirke weniger, als bisher angenommen.

Bei der Bewertung im Februar ging Moody's von einem Haushaltsdefizit von drei Prozent und einem allmählichen Anstieg der Staatsverschuldung auf 83 Prozent des BIP im Jahr 2030 aus. Derzeit rechnet die Ratingagentur mit einem Anstieg der Staatsverschuldung bis 2030 auf 88,4 Prozent des BIP – und damit auf einen historischen Höchststand.

Wirtschaft springt nicht an

Ob sich das Blatt wendet, steht und fällt mit dem Anspringen der Wirtschaft. Das schwache BIP-Wachstum heuer (Moody‘s erwartet 0,2 Prozent) wird als Alarmzeichen gesehen. Wenn die Wirtschaft quasi auf der Stelle trete, könne der Konjunkturmotor nicht anspringen und die Staatseinnahmen würden nicht im erhofften Maße steigen – hingegen aber die Ausgaben für Arbeitslosengeld und Unterstützungsleistungen weiter wachsen.

Dass der Staat heuer und nächstes Jahr weiterhin mehr ausgibt, als er einnimmt, war zwar geplant. Konkret sind im Bundesfinanzgesetz 2025 für heuer Einnahmen in Höhe von 105,1 Mrd. Euro und Ausgaben von 123,2 Mrd. Euro veranschlagt. Das Minus wird also voraussichtlich 18,1 Mrd. Euro betragen, rund eine Milliarde weniger als im Vorjahr.

„Der Staat hat seine Ausgaben noch immer nicht im Griff“
Hanno LorenzÖkonom (Agenda Austria)

Jetzt schlagen aber die Experten des wirtschaftsliberalen ThinkTanks Agenda Austria Alarm: Der Sparkurs zeige kaum Wirkung – schon zur Jahresmitte seien rund drei Viertel des für das Gesamtjahr 2025 geplanten Budgetdefizits erreicht. Statt niedriger auszufallen, liege das Defizit aktuell rund 70 Mio. Euro über dem Vorjahr. '"Zwar sind die Einnahmen im ersten Halbjahr kräftig gestiegen. Doch der Staat hat seine Ausgaben noch immer nicht im Griff", sagt Agenda-Austria-Ökonom Hanno Lorenz.

Ökonom: "Dann droht nächste Steuererhöhung"

Bereits jetzt sei klar, "dass es eng wird, die ohnehin schon wenig ambitionierten 18 Milliarden Euro Defizit im Bund zu halten", erklärt Lorenz. Und er warnt: Wenn die Regierung nicht rasch die strukturellen Probleme von Demografie (Stichwort Pensionsalter) über Förderungen und ineffiziente Verwaltung an – "dann droht im kommenden Jahr die nächste Steuererhöhung", spricht der Ökonom Klartext.

Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) konterte im "Heute"-Interview: In die Analyse der Agenda Austria seien nur die Zahlen des ersten Halbjahres eingeflossen. "Aber viele Maßnahmen, die wir seit März beschlossen haben, konnten da noch nicht wirken. Erst jetzt, im zweiten Halbjahr, entfalten sie ihre Wirkung."

"Wir werden den Konsolidierungsplan strikt umsetzen", erklärt Minister Marterbauer auf Bluesky. Als Finanzminister habe er "ein strenges Auge auf den Budgetkurs der Republik": "Ich bin zuversichtlich, dass uns die Budgetsanierung gelingt. Dann werden sich auch die Ratings wieder verbessern", so Marterbauer weiter.

Auf das Ankurbeln der Wirtschaft werde die Regierung jedenfalls neben der Inflationsbekämpfung im Herbst den Schwerpunkt legen, so Eibinger-Miedl zu "Heute".   Es brauche "weitere Signale". Bei der Regierungsklausur am 2./3. September soll es dem Vernehmen nach wesentlich um neue Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft gehen.

Scharfe Oppositions-Kritik

Heftige Kritik kommt freilich von der Opposition. Die FPÖ tobt nach der Herabstufung Österreichs durch die Agentur Moody's: "Österreich schlittert nicht nur in ein EU-Defizitverfahren, sondern wird durch die darauf logisch folgende Rating-Herabstufung auch finanziell ausgeblutet", empört sich der blaue Partegeneral Michael Schnedlitz in einer Aussendung: "Die Regierung stürzt Österreich in den Abgrund." Die "Zeche" müssten jetzt wieder die Bürger zahlen.

Auch die grüne Klubobfrau Leonore Gewessler geht mit den Budgetsanierungsmaßnahmen der Ampel-Koalition hart ins Gericht: "Die Regierung geht mit vollem Karacho in die falsche Richtung", sagt sie im APA-Interview. Es werde auf Kosten der Schwächeren konsolidiert, statt etwa Digitalkonzerne stärker zu besteuern und klimaschädliche Subventionen zurückzufahren.

{title && {title} } sea, {title && {title} } 25.08.2025, 06:00
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