"Heute" schaut hin

Brisant: 58 Prozent der Hausärzte privat zu zahlen

Für die Österreicher ist das Gesundheitssystem das drängendste Problem, das die Regierung anpacken muss. Die Zahlen zeigen, warum das so ist.
Heute Politik
29.10.2025, 05:30
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Zuletzt hatte die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) die Diskussion um die Wahlärzte neu entfacht. Sie ist mit der Forderung vorgeprescht, deren Honorare zu deckeln. Ein Aufschrei der Ärztekammer war die Folge. Tenor: "Wir sind ein freier Arztberuf, und da hat der Arzt selbst und sonst niemand das Recht, eine Rechnung zu stellen, die in seiner Höhe passt."

Run auf Wahlärzte

"Heute" hat genauer hingeschaut – und einen klaren Trend im Gesundheitssystem erkannt: den Run auf die Wahlärzte. Und der ist in allen Fachrichtungen zu sehen, die Privatmedizin ist im Vormarsch. Einige Gründe dafür: Personalmangel von Ärzten bis zu Pflegern, unattraktive Kassenverträge, lange Wartezeiten auf einen Termin beim Kassenarzt.

Immer mehr Privatordinationen

Die Zahlen spreche für sich. Gab es 2017 mit 4.093 zu 3.952 noch etwas mehr Hausärzte mit Kassenvertrag als private, hat sich das Verhältnis stark geändert. 2025 gab es bereits 5.544 Privatordinationen, aber nur mehr 3.935 Kassenärzte. Die Privatärzte machten 2017 also 49 Prozent aus, 2025 aber schon 58 Prozent.

Wahlarzt-Anteil in vielen Fächern steigt

Auch in den verschiedenen Fachrichtungen sieht es nicht anders aus. Beispiele gefällig? Bei privaten Hautärzten etwa erhöhte sich der Privat-Anteil von 58 Prozent auf 68 Prozent. Bei privaten Kinderärzten gab es einen Anstieg von 54 Prozent auf 59 Prozent. Während es 2025 um 110 private Kinderärzte mehr gab als 2017, betrug der Anstieg bei den Kassen-Ordinationen nur 14 Ärzte zusätzlich.

Gynäkologie als Ausreißer

Interessant: Der Bereich der Gynäkologen stellt einen Ausreißer dar. Denn hier blieb der Privatanteil im Vergleich von 2017 zu 2025 stabil bei 70 Prozent. Trotzdem beträgt die durchschnittliche Wartezeit auf einen Termin beim Frauenarzt lange 28 Tage.

Versorgungssituation immer schlechter

Zudem ist die Versorgungssituation schlecht wie nie. Denn die Bevölkerung wächst, die Zahl der Kassenärzte wird weniger. Dementsprechend kamen 2023 auf einen Chirurgen satte 80.000 Einwohner, auf einen Psychiater 59.172, auf einen Hautarzt 36.634, auf einen Orthopäden 35.842 und auf einen Augenarzt 23.981 Einwohner.

Auf einen Kinderarzt kommen mehr als 30.000 kleine Patienten

Auch der Blick auf drei weitere Disziplinen offenbart das gleiche Bild: Ein Hausarzt muss rein statistisch 2.283 Einwohner versorgen, ein Kinderarzt 30.581 und ein Frauenarzt 21.930.

Ausgaben für Privatärzte explodiert

Immer öfter müssen die Menschen also zum Wahlarzt gehen. Die Folge: Sowohl die Zahl der Refundierungsanträge als auch die Privatkosten sind in Österreich geradezu explodiert. So gaben die Österreicher pro Jahr 19 Millionen Euro mehr für Hausarztbesuche aus (+33 Prozent), 42 Millionen Euro mehr für Frauenarztbesuche (+55 Prozent) und 25 Millionen Euro (+120 Prozent!) mehr für Kinderarztbesuche.

Knapp 120 Millionen Euro nach Besuch bei privaten Frauenärzten eingereicht

Die krassesten Beispiele: Die Zahl der Refundierungsanträge im Bereich Kinderpsychiatrie lag 2023 bei 10.846. Das war ein Anstieg um 182 (!) Prozent gegenüber 2017. Die eingereichten Kosten nach Hautarztbesuchen stieg um 114 Prozent auf mehr als 75 Millionen Euro. Nach Besuchen beim Gynäkologen reichten die Patientinnen satte 117.504.216 Euro ein.

11,2 Milliarden Euro private Gesundheitsausgaben

All das ergibt für Österreich im OECD-Vergleich einen Platz im oberen Drittel, was private Zuzahlungen betrifft. Die privaten Gesundheitsausgaben waren mit 11,2 Milliarden Euro noch nie so hoch wie aktuell, fast jeder vierte Euro (23 Prozent) der Gesamtausgaben muss privat bezahlt werden.

Pensionierungswelle rollt auf Österreich zu

Und noch ein Problem kommt auf das österreichische Gesundheitssystem zu: Fast 50 Prozent der Hausärzte sind über 55 Jahre alt. Bei Fachärzten im niedergelassenen Bereich sind es bereits mehr als 50 Prozent. Und auch mehr als 30 Prozent der Mediziner in "Angestelltenverhältnissen", also etwa im Krankenhaus, sind über 55 Jahre alt. Das heißt konkret: Auf uns rollt eine massive Pensionierungswelle zu.

„Das zentralste Thema für die SPÖ ist die Gesundheit.“
Philip KucherKlubobmann, SPÖ

"Für uns ist das zentralste Thema die Gesundheit", sagt SPÖ-Klubobmann Philip Kucher im Interview mit "Heute". "Wir wissen alle, dass das österreichische Gesundheitssystem in den letzten Jahren leider auch schlechter geworden ist." Die Regierung haben also eine "schwierige Ausgangslage".

E-Card statt Kreditkarte

Kucher zählt etwa die langen Wartezeiten auf Arzttermine durch ganze Regionen, in denen es keine Kassenärzte mehr gibt, und Operationen, die verschoben werden müssen, auf. "Wir müssen Schritt für Schritt schauen, dass wir unser Gesundheitssystem wieder heilen, wieder besser machen und schauen, dass in Zukunft wieder die E-Card zählt und nicht die Kreditkarte."

{title && {title} } pol, {title && {title} } 29.10.2025, 05:30
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