Wenn Trauer funkelt

Wieso Verstorbene nun in Edelsteine verwandelt werden

Die Bestattungskultur verändert sich: Statt klassischem Grabstein oder Urne rückt eine besondere Form des Gedenkens in den Fokus.
Artiola  Zhabota
02.12.2025, 07:15
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Immer mehr Menschen suchen nach neuen Wegen, ihre verstorbenen Liebsten nah bei sich zu behalten. Statt Grab oder Urne entscheiden sich immer mehr für eine andere Form des Gedenkens: Aus der Asche oder dem Haar der Liebsten kann nämlich auch ein funkelnder Edelstein entstehen.

TikTok-Trend mit Tiefe

Im Netz zeigen sich Influencer und User in emotionalen Clips, in welchen sie funkelnde Edelsteine oder Schmuckstücke in die Kamera halten. Versehen werden die Videos mit dem Hinweis, dass darin die Elemente eines verstorbenen Familienmitglieds oder geliebten Tieres eingeschlossen sein sollen. Die TikToks werden millionenfach geklickt – in den Kommentaren zeigen sich Nutzer von der Idee begeistert und gerührt.

Edelsteine aus Haaren & Asche

Eine kleine Manufaktur aus Österreich gehört zu jenen, die diese Art des Erinnerns möglich machen: Das Familienunternehmen Mevisto aus Kirchham bei Gmunden stellt seit 2013 personalisierte Saphire und Rubine her. Die Schmuckstücke sind das Ergebnis jahrelanger Forschung: "Wir haben etwas möglich gemacht, was bis dahin wissenschaftlich als nicht realisierbar galt", erklärt Daniela Reiter, Eigentümerin von Mevisto, gegenüber "Heute".

Die Elemente aus Haaren oder Asche werden in einem zweiwöchigen Verfahren extrahiert. Danach werden sie mit Aluminiumoxid bei mehr als 2400 Grad Celsius verschmolzen. Druck sei dafür nicht nötig, so Reiter. Der Kristall wächst innerhalb eines Tages, anschließend folgen Schliff und Politur per Hand. Jedes Stück wird individuell bearbeitet und auf Wunsch fassen Partnerjuweliere den Edelstein später in Ringe, Ketten oder Armbänder.

"Erstes Lächeln nach dem Tod"

Der Wunsch nach personalisierten Erinnerungsstücken ist laut der Unternehmerin zweigeteilt: Viele lassen Edelsteine zu Lebzeiten anfertigen, zum Beispiel als Teil eines Verlobungsring. Dabei gehe es um Verbundenheit, Wertschätzung und Liebe. Nach einem Verlust stehe hingegen das Bedürfnis im Vordergrund, etwas "begreifen" zu können.

"Der Edelstein gibt Licht, er ist ein Teil von jemandem. Viele sagen, sie haben die verstorbene Person dann noch bei sich", erläutert Reiter. Sie fügt hinzu: "Wir bekommen oft die Rückmeldungen, dass der Edelstein ein Anker in schweren Situationen ist, und dass die Trauer auf einmal etwas erträglicher erscheint. Oder, dass der erste Blick auf den Saphir auch das erste Lächeln nach dem Tod hervorgezaubert hat."

Daniela Reiter und ihre Familie gründeten 2013 die Edelsteinmanufaktur in Oberösterreich.
MEVISTO

Zwischen Vorurteilen und Verbindung

"Der Umgang mit dem Tod ist mit vielen Traditionen verbunden: Unsere Kunden sind sehr empathische und feinfühlige Menschen", erklärt sie. Der offene Umgang mit dem Produktionsprozess soll Berührungsängste abbauen. Vorurteile gegenüber den Edelsteinen habe man dennoch lange gespürt, erzählt Reiter – vor allem, weil sie oft mit Herstellern von Asche-Diamanten verwechselt wurde. Mittlerweile würden sich aber immer mehr Menschen für die Edelsteine interessieren.

Erinnerungssteine

In Kooperation mit der LINZ AG schafft Mevisto auch eine neue Grabform: Im Urnenhain in Urfahr, Nähe Linz, können die Hinterbliebenen für ihre Verstorbenen jetzt auch Erinnerungssteine aus Metall platzieren lassen. Das Nutzungsrecht hat man für zehn Jahre, Platz für eine Laterne und eine Vase gibt es auch. Familien, die solche Gedenksteine erwerben, erhalten zusätzlich einen echten Saphir oder Rubin aus der Asche oder aus Haaren. "Es bleibt ein Ort und zugleich etwas, das man überallhin mitnehmen kann", erläutert Reiter schließlich.

{title && {title} } AZ, {title && {title} } Akt. 02.12.2025, 08:53, 02.12.2025, 07:15
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