VP-Zehetner im "Heute"-Talk

Strom für alle billiger: Wie es läuft, ab wann es gilt

Im Kampf gegen die Inflation geht die Regierung jetzt gegen die hohen Strompreise vor. Staatssekretärin Zehetner erklärt gegenüber"Heute" die Details.
Angela Sellner
08.09.2025, 06:00
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Die Menschen in Österreich stöhnen unter ihren Stromrechnungen, die seit Anfang des Jahres stark in die Höhe geschnellt sind. Für die heimischen Unternehmen bedeuten die hohen Energiepreise in Österreich einen erheblichen Wettbewerbsnachteil.

Die Regierung fokussiert im Kampf gegen die Teuerung und für die Ankurbelung der Wirtschaft daher stark auf das Thema Energie – das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz soll eine große Strommarkt-Reform einleiten, außerdem wird die energieintensive Industrie wieder mit einem Strombonus unterstützt.

Im "Heute"-Talk erläutert Energie-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner (ÖVP) (ganzes Interview im Video unten), wie die Regierung den Strom jetzt billiger machen will, worauf wir bei Stromverbrauch und -rechnung künftig mehr achten sollten und wie der Netzausbau auf neue Beine gestellt werden soll. Zudem erläutert Zehetner, welche Förderungen es künftig nicht mehr gibt.

VP-Staatssekretärin Zehetner über:

Strom als Inflationstreiber

"Durch das Auslaufen von Zuschüssen ist die Stromrechnung gerade im Sprung von Dezember 2024 auf Jänner 2025 ordentlich gestiegen, was jetzt in der Inflation sichtbar ist. Zumindest diesen Inflationstreiber, der irgendwo zwischen 0,8 und 0,9 % liegt, werden wir nächstes Jahr nicht mehr haben. Aber ganz grundsätzlich müssen wir uns als Bundesregierung darum kümmern, dass Energie leistbarer wird."

Preis-runter-Garantie

Im neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz ist eine "Preis-runter-Garantie" verankert: "Wenn der Strompreis an der Börse nach unten geht, müssen die Energieversorger das innerhalb von sechs Monaten an die Kunden weitergeben. Bisher schlugen sich zwar Preissteigerungen schnell nieder auf der Verbraucherrechnung, aber runter ging es nur selten. Dem schieben wir einen Riegel vor. Es kommt ein Monitoring, wie die Preise weitergegeben werden; die E-Control wird ein strenges Auge darauf haben."

Wie viel erspart sich ein Durchschnittshaushalt künftig?

"Das ist unmöglich zu beantworten, weil es darauf ankommt, welchen Art Stromtarif man wählt. Es macht einen Unterschied, ob ich auf einen Tarif setze, der mit dem Börsepreis wandert – wo ich manchmal von sehr günstigen Preisen profitiere, auf der anderen Seite aber auch Ausschläge nach oben habe. Oder ob ich mich für einen Fixtarif entscheide – wo es auch große Unterschiede zwischen den einzelnen Stromanbietern gibt."

Der ganze Video-Talk mit VP-Staatssekretärin Zehetner

Stromanbieter wechseln

Durch einen Wechsel des Stromlieferanten lässt sich einiges Geld sparen. Großes Problem: Viele Kunden bleiben passiv. Zehetner: "50 Prozent der Menschen haben überhaupt noch nie den Stromanbieter gewechselt. 25 Prozent haben nicht einmal ein einziges Mal darüber nachgedacht. Und 70 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher wissen nicht, was sie gerade die Kilowattstunde Strom kostet. Das hat mich wirklich schockiert."

„Auf jeder Stromrechnung wird künftig der Link zum Tarifkalkulator stehen.“
Elisabeth ZehetnerEnergie-Staatssekretärin (ÖVP)

"Wir wollen Anreize setzen für die Wechselbereitschaft der Kunden", sagt Zehetner. Der Tarifkalkulator auf der Homepage der E-Control solle weiter verbessert werden, indem beispielsweise auch "Lockangebote" besser ersichtlich sind, sodass man einen echten Vergleich habe, welchen Kostenvorteil ein Wechsel bringen würde. Zehetner: "Auf jeder Rechnung wird künftig der Link zum Tarifkalkulator stehen."

Wie oft sollte man den Stromtarif wechseln? Zehetner: "Ein Mal im Jahr im Tarifkalkulator nachzuschauen, lohnt sich."

Dynamische Tarife

Zehetner will auch "smarte" Stromnutzung fördern: "An einem sonnigen Tag haben wir mittlerweile so viel PV-Kapazität, dass man damit mittags mehr als den gesamten Strombedarf Österreichs decken könnte. Es wäre schade, wenn wir dann da oder dort abschalten müssten. Besser wäre zu schauen, wie wir den Verbrauch dorthin konzentrieren und vor allem auch Private animieren, genau dann ihr Auto oder ihren Speicher zu laden."

Photovoltaik und Einspeisung

Stark kritisiert wurde zuletzt die geplante Einspeisgebühr für Kleinstanlagen. "Ich habe immer gesagt, das Netz ist keine Einbahnstraße. Wir werden aber versuchen, eine Ausnahme für die kleinsten PV-Betreiber zu schaffen, damit diese Energiepioniere sich nicht bestraft fühlen. Aber wichtig ist, dass wir Bewusstsein schaffen: Das Netz soll künftig von Verbrauchern und Einspeisern gleichermaßen finanziert werden."

Netzgesellschaften zusammenlegen

Ein großer Kostentreiber sind die Netze. Zehetner: "Wenn man sich die Stromrechnung anschaut, sind 42 Prozent der tatsächliche Strom, ein Drittel Steuern und Abgaben, ein Drittel Netzkosten. Anfang des Jahres sind eben alle Förderungen auf Abgaben ausgelaufen, gleichzeitig muss in die Netze investiert werden, was ein weiterer Kostentreiber ist. Diese zwei Komponenten zusammen lassen die Stromrechnung jetzt besonders schlimm erscheinen. Steuern senken können wir in der aktuellen Budgetsituation nicht. Also müssen wir dort tätig werden, wo wir Einfluss nehmen können – das sind die Netze."

VP-Energie-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner: "Wir prüfen, wie wir in der Netzfinanzierung günstiger werden können."
Heute
„Steuern senken können wir in der aktuellen Budgetsituation nicht. Also müssen wir dort tätig werden, wo wir Einfluss nehmen können – das sind die Netze.“
Elisabeth ZehetnerEnergie-Staatssekretärin (ÖVP)

In Österreich gibt es aktuell über 110 Netzgesellschaften (rund 70 sind in öffentlichem Eigentum). Die Regierung will einen Großteil zusammenführen, um Synergieeffekte zu heben. Zehetner erläutert: "Da geht es auch um ganz simple Fragen. Jede Netzgesellschaft beschafft ihre Trafos einzeln. Es wäre vielleicht klug, wenn wir als kleines Österreich die Trafos gemeinsam beschaffen und dadurch einen Kostenvorteil erwirtschaften, der sich dann in den Netzkosten niederschlägt."

Neuer Fonds zur Finanzierung

Der Netzausbau verschlingt Milliarden. Bei ihrer Klausur Anfang September hat sich die Regierung ins Herbstprogramm geschrieben, hier neue Wege der Finanzierung zu etablieren. "Die konkrete Aufgabenstellung lautet, dass wir uns anschauen, wie wir in der Netzfinanzierung günstiger werden können", erklärt Zehetner. Zum einen soll das über Zusammenlegen von Netzgesellschaften gelingen: "Da gibt es unterschiedliche Bonitäten, sodass der eine Netzbetreiber Kredite teurer, der andere günstiger bekommt – das wollen wir ausgleichen."

Geplant ist zudem ein eigener Fonds zur Finanzierung des Netzinfrastruktur-Ausbaus. Und man wolle auch privates Kapital mobilisieren, erläutert Zehetner: "Warum soll ich mich nicht auch als Privatperson am Netzausbau beteiligen können, wenn der Zinssatz besser ist als am Sparbuch? Wichtig ist, dass wir alle Möglichkeiten prüfen – von Green Bonds (Anleihen) bis zu Fondslösungen –, um den Kostenvorteil für Haushalte und Betriebe auf den Weg zu bringen."

Sinkt die Netzgebühr wieder?

"Nein, die Netzgebühr wird wahrscheinlich in den nächsten Jahren in der aktuellen Größenordnung bleiben. Aber durch die geplanten Maßnahmen dämpfen wir zumindest den weiteren Anstieg."

Fahrplan fürs Gesetz

"Der Gesetzesentwurf wird jetzt auf Basis der Stellungnahmen aus der Begutachtungsphase – über 1.200 Seiten – überarbeitet. Dann haben wir wieder eine Gesetzesvorlage für das Parlament und mit dieser treten wir auch in die Verhandlungen mit den Oppositionsparteien. " Um das Elektrizitätswirtschaftsgesetz durchzubringen, braucht die Regierung eine Zweidrittelmehrheit, muss also Grüne oder FPÖ überzeugen.

Wann rechnet Zehetner mit dem Inkrafttreten des Gesetzes? "Wenn wir es durch den parlamentarischen Prozess schaffen, ist der 1. Jänner 2026 durchaus möglich." Wobei es bei einigen Dingen Übergangsfristen geben werde.

Staatssekretärin Zehetner (VP): "Wir haben jetzt weniger Geld – mit dem müssen wir sorgsam umgehen."
Heute
„Wir hatten noch Förderungen für Umrüstung auf LED-Lampen oder energieeffiziente Kühlgeräte. Das ist inzwischen Standard, das braucht man nicht mehr zu fördern.“
Elisabeth ZehetnerEnergie-Staatssekretärin (ÖVP)

Kürzung von Förderungen

Alle bestehenden Energieförderungen wurden vom Schweizer Institut Prognos hinsichtlich ihrer Wirksamkeit überprüft und dabei einiges an Sparpotenzial gefunden. Welche Förderungen fallen künftig weg? Zehetner: "Zum Beispiel gab es eine Förderung für den Heizungstausch im mehrgeschossigen Wohnbau – die hat niemand in Anspruch genommen. Wegen der rechtlichen Rahmenbedingungen: Wenn sich in einem Haus nur einer querlegt, klappt es nicht."

Auch Überförderungen sollen gestrichen werden. "Wir hatten noch Förderungen für Umrüstung auf LED-Lampen oder energieeffiziente Kühlgeräte. Da muss man ehrlich sein: Das ist inzwischen Standard, das braucht man nicht mehr zu fördern."

"Wir haben über Jahre hinweg ein System geschaffen, das zu langsam auf Marktveränderungen reagiert", spielt Zehetner auch darauf an, dass PV-Module massiv im Preis gefallen sind, aber die Anschaffung immer noch gefördert wurde: "Förderung muss ein Impuls sein, kein Dauerpflaster."

Es werde selbstverständlich weiterhin Förderungen geben, so die Energie-Staatssekretärin: "Aber diese Förderungen müssen besser wirken, effizienter sein, weniger zerfasern. Wir haben jetzt weniger Geld – mit dem müssen wir sorgsam umgehen."

{title && {title} } sea, {title && {title} } 08.09.2025, 06:00
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