Peter Hanke, SPÖ-Minister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur, empfängt "Heute" in seinem Büro zum Interview über Neuerungen auf Straße und Schiene. Er erklärt, was sich 2026 für Autofahrer ändert, welche neuen Regeln für E-Mopeds und E-Scooter kommen – und warum Zugreisende ab dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember auf der Südbahn plötzlich viel schneller unterwegs sind.
"Heute": Herr Minister, die Bundesregierung hat ein erstes Entbürokratisierungspaket beschlossen. Dazu gehört, dass Autobesitzer künftig seltener zum Pickerl müssen. Was heißt das genau?
Peter Hanke: Die Intervalle werden verlängert – und das spart jedem Autobesitzer mehrere hundert Euro. Künftig gilt: Neuwagen müssen erst nach vier Jahren zum ersten Mal zum §57a-Check, danach alle zwei Jahre und erst nach zehn Jahren jährlich. Zusammengefasst: Früher musste man ab dem fünften Jahr jährlich zum Pickerl, jetzt erst ab dem zehnten Jahr.
"Heute": Ist das nicht ein Sicherheitsrisiko?
Hanke: Nein, wir passen die Regeln dem Stand der Technik an. Autos sind heute nicht mehr so anfällig wie in den 80er-Jahren. Moderne Fahrzeuge zeigen durch Assistenzsysteme Sicherheitsprobleme früh an – vom Reifendruck über den Ölstand bis zu technischen Warnungen. Deshalb können wir die Pickerl-Intervalle verlängern. Und wir orientieren uns damit auch an anderen europäischen Ländern: Von Finnland bis Spanien gibt es ähnliche Zyklen.
"Heute": Ab wann gilt das neue System?
Hanke: Ich gehe davon aus, dass es ab Mitte 2026 umgesetzt ist.
„In den ersten zehn Jahren fällt die Begutachtung künftig im Vergleich zu den alten Pickerl-Intervallen dreimal weg.“Peter HankeVerkehrsminister (SPÖ)
"Heute": Was ist, wenn man beispielsweise ein sechs Jahre altes Auto hat und heuer im Herbst beim Pickerl war?
Hanke: Maßgeblich ist die Erstzulassung des Wagens. Das System gilt dann ab Inkrafttreten für den gesamten Fahrzeugbestand. In den ersten zehn Jahren fällt die Begutachtung künftig dreimal im Vergleich zu den alten Intervallen weg– also ein spürbarer finanzieller Vorteil.
"Heute": Sie haben eine umfangreiche Novellierung der Straßenverkehrsordnung (StVO) auf den Weg gebracht. Was ändert sich?
Hanke: Wir reagieren auf Probleme der Gegenwart wie Verkehrsüberlastung. Die Novelle ermöglicht erstmals eine kameragestützte Verkehrsüberwachung durch Erfassen von Kennzeichen – nur per Foto, nicht per Video – und nur, wenn Städte nachweisbar unter starkem Verkehrsdruck stehen.
"Heute": Was ist mit Datenschutz?
Hanke: Der Datenschutz ist mir extrem wichtig. Die Novelle war jetzt in Begutachtung, es sind über 90 Stellungnahmen eingegangen, die wir uns genau ansehen, auch was den Datenschutz betrifft. Entscheidend ist, dass die Kennzeichen-Daten schnellstmöglich gelöscht werden, wenn kein Verstoß vorliegt.
"Heute": Apropos Verstoß – Kommunen dürfen künftig also Zufahrten in überlastete Zonen beschränken. Droht da nicht Abzocke?
Hanke: Nein. Zum einen muss behördlich nachgewiesen werden, dass es wirklich eine Überlastung gibt. Außerdem sind die Kamerasysteme teuer – und finanzieren müssen das ja die Gemeinden selbst.
"Heute": Beispiel Wien. Darf man in Zukunft nicht mehr ohne speziellen Grund mit dem Auto in die City fahren?
Hanke: Das muss Wien selbst entscheiden. Wir schaffen lediglich die Möglichkeit für ein solches System. Wie genau die Kommunen das ausgestalten, liegt in deren Verantwortungsbereich. Es ist nicht mein Weg, dass wir allen Städten und Gemeinden genau vorschreiben, wie sie das kamerabasierte Zufahrtsmanagement umsetzen, da alle unterschiedliche Verkehrsgegebenheiten vorfinden.
"Heute": Es kommen auch Änderungen für neue Verkehrsteilnehmer – E-Mopeds, E-Scooter, E-Bikes...
Hanke: Zentral ist, dass E-Mopeds runter von den Radwegen kommen und künftig wie klassische Mopeds auf der Straße fahren, eine Nummerntafel haben müssen. Das gilt ab Oktober 2026 – um beispielsweise den Essens-Lieferdiensten, die diese E-Mopeds stark nutzen, eine längere Frist zu geben.
"Heute": Für E-Scooter und E-Bikes kommt eine Helmpflicht?
Hanke: Ich persönlich wäre für eine generelle Helmpflicht – in der Koalition haben wir uns auf einen Kompromiss geeinigt. Ab Mai 2026 gilt: Helmpflicht für E-Scooter-Fahrer unter 16 und für E-Biker unter 14 Jahren. Zusätzlich wird das Fahren zu Zweit auf Scootern strenger sanktioniert.
"Heute": Die Bahn steht vor einem historischen Wochenende. Mit dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember wird die neue Koralmbahn eröffnet. Was bedeutet das für Österreich?
Hanke: Die Koralmbahn ist ein Jahrhundertprojekt: 33 Kilometer Tunnel, über 100 Brücken, mehrere neue oder modernisierte Bahnhöfe. Graz–Klagenfurt in 41 Minuten statt bisher über zwei Stunden – das verändert Wirtschaft, Tourismus und Alltag in einer Region mit über einer Million Menschen. Und die Bahn überholt damit das Auto; die Strecke ist auf der Straße in dieser Zeit nicht zu schaffen.
"Heute": Kommen auch mehr Zugverbindungen?
Hanke: Die ÖBB erweitern mit dem neuen Fahrplan ihr Angebot im Fernverkehr um 30 Prozent. Bis 2030 kommen insgesamt über 300 neue, moderne Züge – die ÖBB haben alles Nötige bestellt. Nicht in China, sondern bei jenen, die uns näher liegen.
„Die Bahn überholt das Auto; die Strecke ist auf der Straße in dieser Zeit nicht zu schaffen.“Peter HankeVerkehrsminister (SPÖ)
"Heute": Wird die Bestandsstrecke durch die neue Koralmbahn abgewertet oder aufgegeben?
Hanke: Im Gegenteil! Die Bestandsstrecke bleibt vollständig erhalten und wird zum Rückgrat des Nahverkehrs. Durch die Entlastung können wir regional öfter und pünktlicher fahren. Auf der neuen Strecke läuft der Fernverkehr – auf der alten der Nahverkehr. Das ist ein echter Qualitätssprung und auch positiv für den Güterverkehr..
"Heute": Wie fügt sich die Koralmbahn in die großen Tunnelprojekte Österreichs ein?
Hanke: Die Koralmbahn ist erst der Anfang. 2030 folgt der Semmering-Basistunnel, 2032 der Brennerbasistunnel, der längste Eisenbahntunnel der Welt. Damit werden wir zu einer der modernsten Bahnregionen Europas.
"Heute": Wie feiern Sie die offizielle Eröffnung der Koralmbahn?
Hanke: Es ist ein großer Event am 12. Dezember mit viel Polit-Prominenz: Bundespräsident, Kanzler, Vizekanzler, Landeshauptleute – und ich darf den Premierenzug Graz–Klagenfurt abfertigen.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass Anbieter aus Drittstaaten mit massiven staatlichen Subventionen den europäischen Markt verzerren.“Peter HankeVerkehrsminister (SPÖ)
"Heute": Apropos Züge aus Europa. Wirtschaftliche Souveränität Europas wird wichtiger?
Hanke: Europäische Bahntechnik gehört zur Weltspitze. Unternehmen wie Alstom, Siemens und auch viele österreichische Spezialbetriebe erzielen Milliardenumsätze in Schlüsselbereichen wie Signaltechnik. Wir dürfen nicht zulassen, dass Anbieter aus Drittstaaten mit massiven staatlichen Subventionen den europäischen Markt verzerren. Deshalb setze ich mich in Brüssel für faire Wettbewerbsbedingungen ein. Wir haben bereits einige Länder als Unterstützer gewonnen. Und in Österreich ist das Thema fairen Wettbewerbs für unsere zu definierenden Schlüsseltechnologien zentral bei der neuen Industriestrategie, die wir im Jänner 2026 präsentieren werden.
„2026? Ich glaube, dass es ein erfolgreiches Wirtschaftsjahr und für den Standort Österreich auch ein sehr innovatives wird.“Peter HankeVerkehrsminister (SPÖ)
"Heute": Herr Minister, gehen Sie zuversichtlich ins neue Jahr?
Hanke: Ja. Ich bin ein Mensch, der heute und fürs Morgen lebt und deshalb glaube ich, dass es ein erfolgreiches Wirtschaftsjahr und für den Standort Österreich auch ein sehr innovatives wird. Mit nur knapp einem Prozent Wirtschaftswachstum können wir langfristig nicht zufrieden sein – wir alle wissen, dass wesentliche Impulse für den Arbeitsmarkt erst bei einer höheren Wirtschaftsentwicklung möglich sind. Aber man muss sich hier auch daran orientieren, was die Rahmenbedingungen hergeben. Wichtig ist ein Abflachen der Inflation – ich gehe davon aus, dass wir 2026 eine Jahresinflation sehen werden, die deutlich unter den vier Prozent liegt, die wir derzeit in Monatsspitzen noch aufweisen.