Das Schuljahr für die neue Regierung hat zwar erst mit der Angelobung am 3. März begonnen. Trotzdem ist es Zeit, nach knapp vier Monaten Bilanz über deren Leistung, aber auch über jene der Opposition zu ziehen. Das hat "Unique Research" für "Heute" getan (500 Befragte ab 16 Jahren online, maximale Schwankungsbreite ±4,4 Prozent, Feldarbeit von 23. bis 26. Juni). Die teils überraschenden Ergebnisse:
Bundeskanzler Christian Stocker kann sich immer mehr im Amt profilieren. Bereits im Mai war der ÖVP-Chef auf Platz zwei gelandet. Damals war er 24 Prozent positiv und 27 Prozent negativ aufgefallen. Jetzt ist ihm der Sprung an die Spitze gelungen – zum ersten Mal in seiner Amtszeit. Mit 30 Prozent Positiv- und 27 Prozent Negativ-Wert ist er einer von nur zwei Politikern im Ranking, der auf einen positiven Saldo kommt.
In die entgegengesetzte Richtung von Stocker ist Außenministerin Beate Meinl-Reisinger unterwegs. Sie verlor ihren Spitzenplatz, liegt "nur mehr" auf Platz zwei. Ihr Positiv-Wert ist mit 25 Prozent zwar sehr stark. Wie sehr die Neos-Chefin polarisiert, zeigen aber die 38 Prozent Negativ-Nennungen. Diesen Wert "übertreffen" nur vier abgefragte Politiker.
Der FPÖ-Chef und Oppositionsführer behält seinen dritten Platz vom Mai. Er kann seinen Rekord-Minuswert von 50 Prozent auf 44 Prozent reduzieren. Das ist allerdings immer noch der höchste im Ranking. Bei den Positiv-Nennungen legt Kickl um einen Prozentpunkt auf 25 Prozent zu.
Ein Top-Zeugnis gibt es für SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer. Neben Stocker ist er der einzige Politiker mit einem Positiv-Saldo, wenn auch nur knapp mit 21 zu 20 Prozent. Damit ist er der stärkste SPÖ-Politiker, liegt auch vor seinem Parteichef.
Gleich 41 Prozent ist Vizekanzler und SPÖ-Chef Andreas Babler negativ aufgefallen. Das ist der drittschlechteste Wert. Zum Vergleich: 20 Prozent haben ihn positiv wahrgenommen. Spannend: die Berater-Affäre um TV-Coachings für 6.000 Euro wirken sich (noch) nicht aus, wie ein Blick auf den Mai zeigt (plus 20, minus 40).
Am Samstag löst Leonore Gewessler Werner Kogler an der Spitze der Grünen ab. In seinem letzten Polit-Ranking in dieser Funktion kommt er auf Platz sechs, liegt damit am Ende der Chefs der fünf Parlamentsparteien. Spannend wird, wie Gewessler der Einstieg in die neue Funktion gelingt.
Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) liegt direkt hinter Kogler auf Rang sieben. Damit hält er die ÖVP-Regierungsmitglieder Claudia Plakolm, Klaudia Tanner, Wolfgang Hattmannsdorfer und Gerhard Karner auf Distanz.
Alexander Pröll, ÖVP-Staatssekretär für Digitalisierung ist immerhin zwölf Prozent positiv aufgefallen. Das ist der beste Wert aller sieben Staatssekretäre. Eines haben alle – mit einer Ausnahme – gemeinsam: ein enorm hohes Bekanntheitsdefizit.
Am Ende der Minister-Skala befindet sich Anna Sporrer. Die SPÖ-Justizministerin erzielt gerade einmal acht Prozent Positiv-Nennungen. Auch ihre Bekanntheit ist mit 48 Prozent "Kenne ich nicht"-Nennungen vorsíchtig formuliert ausbaufähig.
Dienstwagen-Affäre, unpassende NS-Vergleiche, Steakessen und Co. bescheren dem Skandal-Staatssekretär der Neos den mit Abstand letzten Platz. Sein Minus-Wert sackte von 28 Prozent im Mai auf gleich 43 Prozent ab.
Wie beurteilt Meinungsforscher und Politik-Experte Peter Hajek diese Ergebnisse? "Die Werte der meisten Politikerinnen und Politiker bleiben insgesamt stabil. Bundeskanzler Christian Stocker profiliert sich zunehmend und übernimmt erstmals die Spitzenposition" sagt er zu "Heute".
Hajek weiter: "Wie langsam sich manche Entwicklungen in der öffentlichen Wahrnehmung niederschlagen, zeigen die aktuellen Werte von Sepp Schellhorn: Während im Mai noch von einem begrenzten Imageschaden die Rede war, hat sich die Situation inzwischen zu einem handfesten Reputationsverlust entwickelt."