Auf TikTok und Instagram wird noch fleißig "Fibremaxxing" betrieben: Möglichst viele Ballaststoffe sollen die Verdauung pushen, die Gesundheit stärken und beim Abnehmen helfen. Doch der Hype hat eine Schattenseite – denn was viele vergessen: Von Ballaststoffen kann man auch zu viel erwischen. Das Ergebnis ist oft alles andere als angenehm. "Ihr Körper kann Ballaststoffe nicht mit Verdauungsenzymen aufspalten, sodass sie weitgehend unverändert durch den Magen-Darm-Trakt wandern", erklärt Jesse Bracamonte, Hausarzt an der Mayo Clinic, gegenüber "Self". Und genau das führt bei einem übermäßigen Verzehr schnell zu Blähbauch, Krämpfen und Blähungen.
Ballaststoffe kommen in zwei Varianten vor: Lösliche Ballaststoffe in Hafer, Hülsenfrüchten, Nüssen lösen sich in Wasser auf, bilden ein Gel, verlangsamen die Verdauung und halten lange satt. Unlösliche Ballaststoffe, wie in Vollkorn, Kleie, Gemüse, regen die Verdauung noch an. Beide Formen sind gesund, beide nähren die Darmflora – und beide können in zu hoher Dosis den Körper stressen. Laut Bracamonte brauchen Erwachsene etwa 25 bis 30 Gramm pro Tag. Viele erreichen das nicht, aber doppelt oder dreifach so viel einzubauen, ist keine gute Idee.
Mehr Ballaststoffe bedeuten mehr Arbeit für die Darmbakterien. Unangenehme Symptome treten nämlich dann auf, wenn man die Ballaststoffzufuhr in seiner Ernährung drastisch erhöht und nicht genug Wasser dazu trinkt. Genügend Flüssigkeit ist für die Verdauung von Ballaststoffen enorm wichtig, damit die Ballaststoffe durch den Magen-Darm-Trakt transportiert und aus dem Körper ausgeschieden werden können.
"Wenn die Ballaststoffzufuhr erhöht wird, aber nicht genügend Flüssigkeit zugeführt wird, kann es schwierig werden, den vergrößerten Stuhlgang auszuscheiden, insbesondere bei löslichen Ballaststoffen, was zu Verstopfung führen kann", erklärt Joshua Edwards, Arzt, gegenüber "Self". Ein weiteres Problem: Wer zu viel löslichen Ballaststoffen ohne ausreichend Flüssigkeit verzehrt, riskiert Verstopfung. Bei ohnehin weichem Stuhl können zu viel unlösliche Ballaststoffe dagegen Durchfall verschlimmern.
Wer deutlich über die empfohlenen Mengen hinaus Ballaststoffe zu sich nimmt, riskiert mehr als nur einen Blähbauch. Sehr hohe Mengen an Ballaststoffen (mehr als 70 Gramm pro Tag) können sich an Mineralien wie Eisen, Kalzium, Magnesium und Zink binden. Sie wandern dann ungenutzt wieder aus dem Körper, anstatt aufgenommen zu werden. Das kann langfristig zu Mangelerscheinungen führen, die sich etwa durch Müdigkeit, brüchige Haare oder Nägel, blasse Haut oder eine schlechtere Wundheilung bemerkbar machen.
Ballaststoffe verlangsamen nicht nur die Verdauung, sondern können die Aufnahme bestimmter Präparate beeinträchtigen. Experten empfehlen daher, Arzneien mindestens zwei Stunden vor oder nach einer ballaststoffreichen Mahlzeit einzunehmen, damit sie ihre volle Wirkung entfalten können.
"Ballaststoffe füllen den Magen mit wenigen bis gar keinen Kalorien", erklärt Edwards. Genau das kann aber zum Nachteil werden, wenn man es damit übertreibt. Denn wer große Mengen auf einmal isst, fühlt sich rasch unangenehm voll und hat anschließend kaum noch Platz für Lebensmittel, die der Körper dringend braucht, etwa Proteine oder gesunde Fette.
Um dieses Ungleichgewicht zu vermeiden, rät Edwards dazu, die Ballaststoffzufuhr über den Tag zu verteilen, statt sie in einer einzelnen Mahlzeit zu bündeln. So bleibt das Sättigungsgefühl angenehm und ausgewogen. Entscheidend ist außerdem, Ballaststoffe als Teil einer vielfältigen Ernährung zu sehen und nicht als Hauptbestandteil. Denn erst im Zusammenspiel mit anderen Nährstoffen unterstützen sie Energie, Gesundheit und eine funktionierende Verdauung optimal.