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TikTok-Challenge – wieso "Locked in" sein schwierig ist

Auf Social Media hat vor einigen Wochen die Fitness-Challenge "The Great Lock-in" begonnen. Durchziehen kann sie aber nicht jeder.
Heute Life
16.10.2025, 15:28
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Oft ziehen die meisten ihre Diät und ihr Fitness-Training einige Wochen vor dem Sommer durch, um mit dem perfekten Beach-Body richtig in den Urlaub durchstarten zu können. Auf Social Media gilt aber die Herbstsaison als Zeit, in der man richtig mit Sport und gesunder Ernährung durchstartet. Im Netz macht sich nun der "Locked in"-Trend breit, in dem User und Influencer andere dazu animieren möchten, keinen Platz für weitere Extrakilos zu machen. Die Challenge scheint gut gemeint zu sein, doch Experten fragen sich, wie realistisch sie tatsächlich ist.

Was ist der "Great Lock-in"?

Der Sporttrend auf TikTok soll helfen, gesunde Gewohnheiten zu entwickeln und bei diesen zu bleiben. In Clips demonstrieren Content Creatoren ihre "Locked in"-Liste und setzen sich keine leichten Ziele: Kein Zucker, kein Rauchen, kein Alkohol, sowie täglich kalt duschen steht auf dem Programm. Außerdem soll man neun Stunden pro Nacht schlafen und drei Liter Wasser trinken – eine Stunde vor dem Schlafengehen sollten auch alle Bildschirme ausgeschaltet werden. Neben 10.000 Schritten pro Tag, wird dazu aufgefordert mindestens fünfmal die Woche zu trainieren.

Manche mögen es eine überschaubare Liste nennen, anderen wird der Fitness-Trend zu steil – in der Winterzeit sich den kalten Duschen zu unterziehen und auf das Weihnachtsgebäck zu verzichten, kann tough werden. "Auf den ersten Blick handelt es sich hier um einige bekannte und allgemein evidenzbasierte Gesundheitspraktiken. Die Verbesserung des Schlafes, die Flüssigkeitszufuhr, regelmäßige Bewegung, tägliche Schritte und die Reduzierung der Bildschirmzeit vor dem Schlafengehen werden alle durch fundierte Forschungsergebnisse gestützt", erklärt Louisa Drake, Fitnessexpertin, gegenüber "The Independent".

Drake sieht in dem TikTok-Trend Vor- und Nachteile: "Vier Monate sind ein ziemlich langer Zeitraum – sicherlich lang genug, um dauerhafte Gewohnheiten aufzubauen, und klare, messbare Ziele können eine hervorragende Struktur für Menschen bieten, die mit einem solchen Rahmen gut zurechtkommen." Solch eine Challenge kann aber auch extremst einschränkend sein: "Sie führt zu einer 'Alles-oder-Nichts'-Mentalität, die für eine nachhaltige Verhaltensänderung eher problematisch sein kann. Die Regel, keinen Zucker zu sich zu nehmen, erscheint mir besonders unrealistisch, und ich befürchte, dass dies zu einer ungesunden Beziehung zum Essen führen könnte", erläutert die Sportexpertin.

"Der vollständige Verzicht auf bestimmte Lebensmittel und Getränke löst oft zu Gefühlen des Versagens und der Schuld, was letztendlich dazu führt, dass die Menschen ganz aufgeben", so Drake.

Nicht individuell anpassbar

"Der Challenge fehlt es auch an Individualisierung, was meiner Meinung nach entscheidend ist. Für manche Menschen ist es vielleicht einfach zu viel, direkt mit 10.000 Schritten pro Tag zu beginnen, während jemand, der bereits recht aktiv ist, drei Trainingseinheiten pro Woche vielleicht als unzureichend empfindet. Individuelle Umstände, Gesundheitszustände oder Lebensumstände werden nicht berücksichtigt", erklärt Drake der britischen Zeitung.

Emily Mouu, Yogalehrerin und Personal Trainerin stimmt Drake zu und meint: "Die Entwicklung gesunder Gewohnheiten, die Bestand haben, ist sicherlich kein einheitlicher Ansatz. Es ist ein sehr persönlicher Weg, der Reflexion, Handeln und Ausdauer erfordert. Es ist wichtig, Herausforderungen wie diese achtsam anzugehen. Sich auf schrittweise, nachhaltige Veränderungen zu konzentrieren und auf den eigenen Körper zu hören, kann langfristig zu gesünderen und dauerhafteren Gewohnheiten führen."

Problem Perfektionismus

Drake verrät, dass solche Trends in manchen Fällen sogar die Gewohnheitsbildung behindern können, da sie eher einen Perfektionismus als Fortschritt fördern: "Aus der Verhaltensforschungsforschung wissen wir, dass nachhaltige Gewohnheiten durch schrittweise Umsetzung, Flexibilität und Selbstmitgefühl bei Rückschlägen entstehen."

"Der öffentliche Charakter und die starren Regeln der Challenge erzeugen oft eher externen Druck als intrinsische Motivation, was langfristig einfach nicht nachhaltig ist", so die Expertin.  Nicht jeder Körper reagiert gleich auf eine schnelle Umstellung, und in manchen Fällen können solche Fitness-Challenges einen Schock für den Körper bedeuten. Bestimmte Sporttrends können dazu führen, dass sich eine Person müde und unterernährt fühlt, und in manchen Fällen auch ängstlich oder depressiv, weil sie nicht mit den anderen mithalten kann, die sich der Challenge stellen.

Woher der Hype dann?

Dennoch sind solche Challenges beliebt: Solche werden immer wieder viral, weil sie die Möglichkeit bieten, Lieblings-Influencer nachzuahmen und Teil einer Community zu werden, in der Menschen ähnliche Dinge tun. "Sie können als Starthilfe für gesündere Gewohnheiten dienen und Menschen dazu inspirieren, ihr Leben zu ändern. Für die Mehrheit können sie jedoch unerreichbar erscheinen", so Mouu.

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